Die große Strom-Verwirrung

Der Strommarkt ist ziemlich komplex. Aber er betrifft uns alle, da wir alle für die diversen Sachen direkt oder indirekt Strom benötigen. Und er wird immer wichtiger. Schließlich soll ein Großteil der Mobilität und der Gebäudewärme in Zukunft über Strom versorgt werden.

Es gibt da nicht nur die Stromversorger, bei denen wir alle einen Stromvertrag haben. Da gibt es etwa die Erzeuger, Großabnehmer, eine Börse, einige Händler und Spekulanten, sowie jede Menge Netzbetreiber auf den verschiedensten Ebenen.

Der normale Verbraucher kriegt davon wenig mit. Vor ein paar Monaten machten Meldungen des Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW die Runde. Dieser, in Baden-Württemberg ansässige Netzbetreiber, hat eine App namens “StromGedacht” heraus gebracht. Diese soll den normalen Endverbraucher “warnen”, wenn der Netzbetreiber angeblich zu wenig Strom zur Verfügung hat. Und so gab es tatsächlich ein paar Mal eine rote Ampel in der App, die darum bat, aktuell Strom zu sparen, zumindest in Baden-Württemberg.

Richtig erklärt wurde das allerdings nicht richtig. Auch die meisten Meldungen in den Medien haben einfach den Wortlaut der Pressemitteilung von TransnetBW übernommen. Die erklärten es so, dass es in Norddeutschland durch starken Wind “zu viel” Windstrom gäbe, der aber aufgrund mangelnder Stromnetzkapazität nicht in den Südwesten der Republik transportiert werden könne. Durch den “Stau” auf der “Stromautobahn” gäbe es in Baden-Württemberg zu wenig Strom und es müssten teure Redispatch-Maßnahmen ergriffen werden. Hier enden die meisten Beiträge. Was das genau für Maßnahmen sind, wurde nicht berichtet.

Die einfachste Frage, die sich jeder Journalist hätte stellen sollen, wäre, wo ansonsten der Strom für BW herkommt, wenn in Norddeutschland mal gerade nicht ordentlich Windstrom produziert wird. Dann kommt es doch auch zu keinem Mangel.

Das eigentliche Problem ist aber nicht die Stromproduktion oder die -verteilung, sondern der Strommarkt. Der Strompreis wird an der Leipziger Energiebörse festgelegt und zwar einheitlich für ganz Deutschland. Dabei gibt es einige Regeln. (Wenn ich hier Fehler mache, korrigiert mich bitte). Zunächst wird Ökostrom bevorzugt gehandelt. Ökostrom ist in der Regel auch der günstigste. Dann kommen die anderen Stromarten. Es wird so viel gehandelt, bis der Bedarf gedeckt ist. Im- und Export lasse ich hier mal unberücksichtigt. Die letzte Kilowattstunde die gehandelt wird, um den Verbrauch abzudecken, ist in der Regel auch die teuerste. Diese legt aber der Preis für den ganzen gehandelten Strom fest. Also bekommen auch die Erzeuger grünen Stroms diesen Preis. Deswegen ist letztes Jahr der Strompreis auch so enorm in die Höhe gegangen, weil die Gaskraftwerke oft die letzten Spitzen abdecken und der Gaspreis durch den Ukrainekrieg durch die Decke ging.

Wenn aber genug Strom von Windkraftanlagen vorhanden ist, dann ist auch der Marktpreis für den gehandelten Strom niedriger. Dann lohnt sich für fossile Kraftwerke in Süddeutschland die Produktion nicht mehr und sie fahren ihre Leistung runter, obwohl in Baden-Württemberg eigentlich mehr Strom benötigt wird.

Ein anderer Effekt ist, dass sich Speicherkraftwerke im Vorfeld schon Kontingente des günstigen Stroms gesichert haben, um die Speicher aufzufüllen. In BW kommt aber der Windstrom nicht an und die Kraftwerke sind runter gefahren. Der Netzbetreiber muss aber liefern und kauft deshalb im Ausland teuren Strom ein. Und damit er möglichst wenig kaufen muss, bittet er also die Verbraucher darum, Strom zu sparen.

Das Ganze hat also nichts damit zu tun, dass die Erneuerbaren Energien zu wenig liefern können, sondern sind vor allem auf die Marktmechanismen zurückzuführen. Ein Netzausbau könnte das Problem tatsächlich etwas entzerren. Eine andere Idee ist, den Markt in mehrere Regionen aufzuteilen. Der günstige Windstrom würde dann hier im Norden die Preise drücken, während der Süden einen höheren Preis festlegen kann.

Grundsätzlich ist die Idee die die App suggeriert ja nicht verkehrt. Strom lieber dann nutzen, wenn er im Überfluss vorhanden ist. Da gab es ja auch schon mehrfach Diskussionen, ob etwa ein E-Auto immer sofort geladen werden muss oder ob der Netzbetreiber da eingreifen und den Zeitpunkt verschieben kann.

Die meisten installierten Wallboxen (private E-Auto-Ladepunkte) sind technisch dafür ausgerüstet. Das war auch eine Voraussetzung um die Wallbox staatlich gefördert zu bekommen. Vom Netzbetreiber sind solche Regelungen technisch bisher nicht vorgesehen.

Auch bei anderen großen Verbrauchern wie Wasch- oder Spülmaschine könnte man eine externe Steuerung einbauen. Man müsste nur sagen, dass die Geräte bis zu einer bestimmten Uhrzeit fertig sein sollen, oder ob man im Zweifelsfall bereit wäre, einen höheren Strompreis zu bezahlen.

Ebenso bei dem Elektroauto. Hier könnte man noch feiner differenzieren. Also dass der Akku auf jeden Fall voll sein soll oder ob er zumindest bis zu einem bestimmten Akkustand geladen sein soll. Dafür müsste die Technik aber noch mehr vernetzt sein. Auch die Bedienung sollte einfacher sein. Wenn ich sehe, wie umständlich es ist, die programmierten Ladezeiten in meinem Auto zu ändern, dann ist da noch viel Verbesserungsbedarf.

Auf jeden Fall bringt es nichts, wenn Netzbetreiber Alle verwirren und einen nicht existierenden Strommangel vortäuschen.

Verhinderungspartei

Also, wenn die FDP irgend etwas gut hinkriegt, dann ist es Blockieren von sinnvollen und mehrheitsfähigen Beschlüssen. So wurde z.B. ein generelles Tempolimit verhindert. Dabei haben sie dann noch ein eigenes Gutachten erstellen lassen, in dem der positive Klimaeffekt klein gerechet wird. Wirklich ernst nimmt, außer der FDP und Klimawandelleugnern, dieses Gutachten aber keiner.

Nun sollte EU-weit beschlossen werden, dass Neuzulassungen für Verbrenner-Fahrzeuge ab 2035 nicht mehr möglich sein sollen. Die FDP war, als Auto-Partei, natürlich dagegen, auch wenn dass die Hersteller selbst anders sehen. Das Schlagwort der FDP war in diesem Zusammenhang “Technologieoffenheit”. Wobei sich diese Offenheit in erster Linie auf E-Fuels bezieht. Diese synthetischen Kraftstoffe sollen mittels Strom aus erneuerbaren Energien aus Wasser und Kohlendioxid hergestellt werden. Das Verfahren gibt es bereits und funktioniert. Allerdings verbraucht es extrem viel Strom. Mit der gleichen Energie, die benötigt wird, um ein Fahrzeug mit E-Fuels zu betreiben, könnte man sechs entsprechende E-Autos fahren lassen. Entsprechend teuer sind diese synthetischen Kraftstoffe in der Hersteller; völlig unabhängig von eventuellen Steuern.

Aber solche Fakten sind für die FDP uninteressant, wenn Porsche-Freund Christian Lindner, für Porsche die E-Fuels pushen soll.

Gerne wird ja bei der FDP auch das Wort “Innovation” benutzt. Das bedeutet aber nur, dass man JETZT lieber noch nichts machen will und darauf hofft, dass es irgendwann in der Zukunft vielleicht eine Technologie gibt, die dann eventuell auf einen Schlag alle Probleme schnell, elegant und kostengünstig löst.

Leider beweist die FDP damit nur immer wieder, dass sie das Pariser Klimaschutzabkommen nicht verstanden hat. Danach hat jeder Staat nur noch ein begrenztes CO2-Budget zur Verfügung. Und je länger wir zögern, des Ausstoß nachhaltig zu verringern, desto schneller, und somit radikaler, muß am Ende der Wechsel sein (Übrigens auch für “die Wirtschaft” und “Leistungsträger” liebe FDP).

Selbstverständlich jubelte sie am lautesten als letzten Dezember Forscher in einem Forschungsreaktor erstmals bei einer Kernfusion überhaupt einen Energieüberschuss bei einem Kernfusionsexperiment erzielt haben. Kernfusion ist zwar noch Zukunft, aber sooo innovativ. Und es tummeln sich ja in dem Bereich ja auch eine Menge Startups. Also richtig mit Wirtschaft und Markt und nicht so blöde öffentlich finanzierte Grundlagenforschung. Aber wir man ja weiß, wird höchstens jedes zehnte Startup erfolgreich; die anderen verbrennen nur das Geld der Investoren. Bei Fusions-Startups dürfte die Erfolgschance noch deutlich niedriger liegen.

Aber nach Bekanntgabe der Forschungsergbnisses vom LLNP hat unsere Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sogar tatsächlich gesagt, Ziel sei es in zehn (10) Jahren in Deutschland ein funktionierendes Fusionskraftwerk ans Netz zu bringen.

Wobei Experten eher von 30 Jahren ausgehen. 30 Jahre ist zwar die Fusionskonstante, ich persönlich gehe aber von einem noch späteren Zeitpunkt aus; gerade in Deutschland. Wenn man sieht wie gnadenlos schlecht und unprofessionell Groß- und Prestigeprojekte in den letzten Jahrzehnten umgesetzt wurden. Da haben sie Bauzeiten langgezogen wie ein Kaugummi und die Kosten sind explodiert wie eine Cola-Flasche mit einem Mentos.

Da braucht es gar keine FDP zum Blockieren und Verhindern.

Mastodon – (k)eine Twitter-Alternative

Ende letzten Jahres ging die Diskussion um Twitter mal wieder durch die Decke. Ausgelöst wurde diese durch den schließlich durchgeführten Kauf durch Elon Musk. Viele Nutzer nahmen das zum Anlass sich nach Alternativen umzusehen. Immer wieder wurde Mastodon erwähnt. Ich glaube aber, dass die unzufriedenen Nutzer eher vom Regen in die Traufe kommen werden.

Klar unterstützt man so nicht Elon Musk und ist auch nicht den Folgen seiner Launen ausgeliefert und es entscheidet nicht ein einzelner Konzern, was auf seiner Plattform zu sehen ist, aber bei Mastodon gibt nicht hunderte Institutionen, die diese Entscheidungen treffen.

Kurz zur Erklärung: Twitter ist ein zentrales Netzwerk. Jeder Beitrag läuft über die Twitter-Server. Und somit kann das Unternehmen eigene Regeln aufstellen und durchsetzen, was im Netzwerk zu lesen sein darf.

Mastodon ist dagegen ein dezentrales Netzwerk. Es gibt viele verschiedene Server (Instanzen genannt), die von Privatpersonen, Vereinen, Gruppen oder auch Unternehmen betrieben werden. Will man an Mastodon teilnehmen, muss man sich erst bei einem der Instanzen registrieren. Das kann ein wenig mit E-Mail vergleichen. Möchte man E-Mails verschicken, benötigt man bei irgendeinen Provider einen Account oder man kann sogar einen eigenen Server betreiben. Trotzdem kann man mit allen anderen E-Mail-Nutzern weltweit kommunizieren, weil die einzelnen Server untereinander über standardisierte Protokolle mit einander reden.

Aber die Betreiber der einzelnen Instanzen können eigene Hausregeln festlegen, etwa was gepostet werden darf und was nicht. Neben den gesetzlich verbotenen Dingen sind dass oft Sachen wie Hasspostings oder alles was mit Nacktheit oder Pornografie zu tun hat. Ein Fall eines recht frequentierten Servers sorgte für viel Aufsehen. So wurde gefordert, dass Postings (bei Mastodon Trööts genannt), die politische Inhalte zum Thema haben, eine Inhaltswarnung vorgeschaltet bekommen. Die Trööts tauchen zwar auf, aber die Leser können es so einstellen, dass Texte oder Bilder mit Inhaltswarnung nicht automatisch angezeigt werden.

Gut, das muss die Nutzer anderer Server nicht interessieren. Es könnte aber sein, dass Serverbetreiber sich entscheiden, nicht mehr mit bestimmten anderen Instanzen zu kommunizieren, wenn von dort zu viel unerwünschte Inhalte kommen. Ich fand die Blockerei auch Twitter schon ziemlich albern. Das Ausblenden anderer Meinungen führt nur zur Blasenbildung und bei Mastodon können vom Admin ganze Server blockiert werden.

Wie leicht die Gefühle in Social Media überkochen und zu Überreaktionen führen, hat ein Fall im Dezember gezeigt. Die Raspberry-Pi-Foundation hat auf Mastodon einen Blog-Post verlinkt, in dem sie über eine Neueinstellung berichten; einen ehemaligen Polizisten, der auch Überwachungstechnik eingesetzt hat. Das führte zu einem kleinen Shitstorm. Auf diesen wurde aber von der Foundation ebenfalls eher abwertend reagiert. Das brachte einige User und Server-Admins derart in Rage, dass gefordert wurde, die ganze Instanz der Foundation zu blocken.

Daher befürchte ich, dass das Mastodon-Netz unter den Hausregeln vieler Hausmeister irgendwann in viele kleine Netzchen zerfallen wird.

Wumms, Doppel-Wumms, Mega-Wumms

Diesmal hat es bei Herrn Scholz nicht nur Wumms gemacht, sondern es gab den Doppelwumms. Wieder wird viel Geld in die Hand genommen, um eine Krise zu bewältigen. Herr Lindner sagte letzte Woche in den Tagesthemen, er würde das Geld bereitstellen. Klingt fast, als ob er sein eigenes Portemonnaie aufmachen würde. Hat er aber nicht. Nicht einmal der normale Bundeshaushalt wird belastet. Das gelingt, in dem einfach wieder ein Sondervermögen, parallel zum Haushalt, geschaffen wird. Das hat man z.B. auch schon bei der Bewilligung der zusätzlichen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr so gemacht. Natürlich macht der Staat dadurch zusätzliche Schulden. Aber in manchen Fällen ist ein Eingreifen des Staates nun mal notwendig. Und es zeigt, welche Möglichkeiten der Staat hat.

Ebenso erstaunlich ist es, wie schnell die Planung und Realisierung der LNG-Terminal vonstatten geht, wenn die Politik nur will. Aber es stellt sich dann natürlich gleich die Frage, warum diese Mittel nicht genutzt werden/wurden um den Klimawandel zu bekämpfen. Das Thema ist ja nun echt nicht neu, aber wir stoßen immer wieder auf hausgemachte Probleme, von denen sich die Zuständigen überrascht zeigen. Nicht nur, dass deutsche Firmen im Bereich der Erneuerbaren Energien kaputtgealtmaiert wurden, es wurde auch versäumt genügend Fachkräfte für Fertigung und Installation auszubilden. Wenn man politisch ein Ziel verfolgt, muss man halt manchmal auch lenkend in die Wirtschaft eingreifen.

Jetzt auf die Schnelle bekommen wir die verschleppte Energiewende natürlich nicht hin, aber umso wichtiger ist es, dass die Politik jetzt schnell handelt, um die Probleme möglichst schnell zu beseitigen.

Appsolut schlecht

Nicht für jeden Kram braucht man eine App. Und nicht jede App ist gut. Und nur weil ein großer Name dahintersteht, heißt das schon gar nichts. Konkret geht es hier um eine App eines der größten Sportverbände der Welt (DFB) und der eines der größten Autohersteller der Welt.

Auch wenn die Bereitstellung von Apps nicht zu deren Hauptaufgabe gehört, sollte man doch denken, dass bei solchen Unternehmen, die jährlich Milliarden umsetzen, besonders viele Augen kritisch drauf blicken, schließlich hat man einen Namen zu verlieren.

Dem DFB ist das wohl alles egal, die sind so groß, so mächtig, so satt, dass die alles machen können. Niemand kommt gegen den DFB an, wenn es um Fußball in Deutschland geht. Von der Mannschaft meiner Kinder wurden wir aufgefordert, die App “Teampunkt” zu installieren, um die internen Termine zu koordinieren. Es gab vom Trainer einen Einladungslink, mit dem man zur Mannschaft zugeordnet wird. Als erstes muss man sich aber beim DFB registrieren. So mit E-Mail-Adresse, AGB, usw. Das war bei der zuvor genutzen “SpielerPlus”-App nicht der Fall. Aber wer groß ist, hört nicht auf gierig zu sein; also bitte werft dem DFB noch mehr Daten zum Fraß vor.

Die Registrierung klappte problemlos, aber das Anmelden in der App funktionierte nicht. Auf zwei Smartphones das selbe Dilemma. Beim Login, startete die App den Browser und nach der Eingabe ging es wieder in die App, die aber nicht die Rückmeldung über den erfolgreichen Login bekommen hat. Man hängt also in einer Endlosschleife fest. Das Festlegen eines anderen Standardbrowser und die Änderung der Einstellungen für das Öffnen des Teampunkt-URL hat nichts gebracht. Dann ein kurzer Blick in den Playstore: Oh, eine Gesamtbewertung von 3,0! Klingt nicht besonders gut. Und die ersten negativen Kommentare befassten sich genau mit meinem Problem. Der Login für die App funktioniert, unter Android, wohl nur mit Googles Browser Chrome. Und dass den heutzutage nicht mehr alle Nutzer installiert haben, ist den Entwicklern wohl entgangen. Ich weiß auch gar nicht, was da der technische Hintergrund sein soll. Warum braucht es für den Login unbedingt Chrome? Das spricht nicht gerade für die Entwickler. Und noch schlechter ist es, dass das in Tests nicht aufgefallen ist. Aber absolut unterirdisch ist es, dass entsprechende Fehlermeldung seit mehreren Monaten ignoriert werden.

Also kurz Chrome installiert, Login funktioniert, Chrome deinstalliert. – Was für ein Mist!

Wechseln wir also zur nächsten Weltmarke: Volkswagen.

Ich fahre ja seit ca. 1,5 Jahren einen VW E-Up. Für das Fahrzeug gibt es zwei relevante Apps, deren Funktionsumfang und Nutzen für den Fahrer zunächst unklar sind, selbst die Autoverkäufer sind da nicht so im Bilde. Vertriebler halt. Erstens “Maps and More” und zweitens “We Connect”. Was die Information um die Apps nicht leichter macht, ist die Tatsache, dass in älteren Artikeln die “We Connect”-App noch als “Car Net” bezeichnet wird. “Car Net” ist heute aber der Begriff für die VW-Online-Plattform. Die erste App wird als Infotainment-System angepriesen. Ja, kann man dafür nutzen, Musik und Navigation. Muss man aber nicht. Was die App allerdings zwingend macht, ist dass man bestimmte Einstellungen am Fahrzeug, z.B. über das Ladeverhalten, nicht direkt im Auto, sondern eben nur über die App einstellen kann. Das ist tatsächlich der einzige Grund, warum ich diese App hin und wieder starte.

So, wozu braucht man also die WeConnect-App? Darüber kann man auch die erwähnten Einstellungen vornehmen, aber auch aus der Ferne. Dazu kommuniziert die App mit Servern von VW, die wiederum über die E-Sim eine Verbindung zum Auto aufbauen. Um diesen Service und die App nutzen zu können, muss man ein kostenpflichtiges Abo abschließen. Die ersten 12 Monate sind als Testzeitraum kostenlos, danach verlangt VW für ein Jahr 99 (!) Euro. Es gibt eine einzige sinnvolle Funktion in der App. Und zwar kann man das Auto aus der Ferne vorklimatisieren. Leider ging das in der Praxis fast nie, da es meistens Verbindungsprobleme gegeben hat und wenn es dann mal geklappt hat, auch mehrere Minuten dauerte, bis man diese Einstellung vornehmen konnte. Keine Ahnung, ob die App so schlecht programmiert ist, ob die Server überlastet sind oder beides. Auf jeden Fall alles andere, als ein Aushängeschild für den Weltkonzern. Zumal gerade solche Zusatzdienste doch immer erwähnt werden, wenn die Hersteller mehr Umsatz generieren wollen.

Aber selbst wenn man sich für das kostenpflichtige Abo entscheidet, was ich natürlich nicht gemacht habe, wird es dem Kunden ausgesprochen schwer gemacht, das Paket zu buchen.

Man loggt sich auf der VW-Seite mit seinen Kundendaten ein und sieht dort genau sein Fahrzeug, exakt so, wie man es gekauft hat, mit allen entsprechenden Ausstattungsmerkmalen und der Fahrzeug-ID. Dort gibt es einen Link, über den man sein Abo bestellen kann. Folgt man dem Link in den Shop, ist plötzlich nichts mehr über das Fahrzeug bekannt. Es werden dort Abo-Pakete mit Funktionen angeboten, die mein Auto gar nicht unterstützt. Außerdem ist das Ganz soo dermaßen unübersichtlich gestaltet *, dass man keinen richtigen Überblick darüber bekommt, welches Paket mit welchem Fahrzeug welche Funktionen anbietet.

Normalerweise hat sich ja durch gesetzt, dass man Tabellen erstellt, in denen man verschiedene Varianten gegenüberstellt. Z.B. bei Software, da gibt es die Light-Versionen, die Standard-, die Plus- und die Super-Plus-Variante. Auf einen Blick kann man sehen, was man für welchen Preis bekommt. Nicht so bei VW. Es gibt zwar auch eine Tabelle, die aber nicht sortiert ist und halt auch Pakete beinhaltet, die für mich gar nicht nutzbar sind. In einer Fußnote stand, dass die Funktionen die ich nutzen könnte kostenlos seien. Das bezog sich aber auch ein anderes kostenpflichtiges Paket.

Manchmal wird der Kunde ja absichtlich in die Irre geführt, um ein unnützes oder zu teures Produkt zu kaufen. Hier wird der Kunde aber so verwirrt, dass er lieber gar nichts kauft.

Warum ist das alles so schlecht? Wie gesagt, das ist doch ein neues Geschäftsfeld, mit dem VW zusätzlichen Umsatz machen will. Waren denn da nur Anfänger am Werk? Im Online-Marketing wird doch so gerne das “Nutzererlebnis” zitiert. Warum hat hier niemand auf ein positives “Erlebnis” geachtet.

Also eine App, die nicht funktioniert soll in einem irreführenden Online-Shop verkauft werden. – Wer kann dazu schon “Ja” sagen?

* Stand Juli 2022


Update 07.11.2022

Zumindest der DFB hat nur wenige Monate nach den ersten Meldungen das Problem wohl behoben. Immerhin schreiben Sie:

Liebe TEAMPUNKT-User, mit dieser Version haben wir aufgetretene Log-In-Probleme bei bestimmten Browser-Versionen behoben. Viele Dank für eure Unterstützung und Geduld, das TEAMPUNKT-Team

Release Notes DFB-Teampunkt-App

Ausprobiert habe ich das aber nicht.

Marketing aus der Hölle/Höhle der Löwen

Am Montag habe ich mal kurz in “Die Höhle der Löwen” reingezappt. Früher fand ich die Sendung noch interessant, sie wurde aber immer uninteressanter, weil es nicht mehr um die Firmen ging, sondern nur noch um die Produkte, die man im Idealfall auch gleich am nächsten Tag im Geschäft kaufen konnte. Dieser Trend wurde mit dem Eintritt von Ralf Dümmel in die Sendung noch massiv verstärkt.

Aber wie gesagt, letzten Montag habe ich mal wieder einen Pitch gesehen. Da ging es um eine Fortbildungseinrichtung, die Menschen innerhalb von ein paar Wochen zu Vertriebsexperten ausbilden wollte. Besonders Carsten Maschmeyer, der früher bei AWD massenhaft Finanzberater losgeschickt hat, war begeistert von der Idee. Auch Judith Williams war erfreut, dass man endlich mal dem Vertrieb so viel Anerkennung schenkt, außerdem gäbe es ja ansonsten auch keinen Ausbildungsberuf “Vertrieb”. Nein, Frau Williams, Vertrieb ist ein Teil vieler kaufmännischer Berufe, genau wie Einkauf oder Buchhaltung. Aber wenn Frau Williams in einem achtwöchigen Online-Schnell-Kurs eine Anerkennung des Berufes sieht, dann weiß ich auch nicht weiter.

Die Gründer erwähnten auch explizit, dass ihre Schüler kein Fachwissen benötigen, es wären eher bestimmte charakterliche Eigenschaften notwendig. Das mit dem fehlenden Fachwissen stelle ich leider bei so manchen Firmenmitarbeitern fest.

Früher hieß es “Wer nichts wird, wird Wirt”. Heutzutage verkaufen diese Leute alle möglichen Sachen. Entweder Plastikdosen, Kosmetik, Küchenmaschinen, Lebensversicherungen oder IT-Software; mal zu Hause, mal online, mal in einem Unternehmen. Das Produkt ist egal. Hauptsache, man hat am Ende eine Unterschrift. Man muss nur gut sabbeln und manipulieren können. DAS macht einen “guten” Vertriebler aus. Vielleicht sind das auch die Gründe, warum ich mich so oft überrumpelt und übervorteilt vorkomme.

Da lobe ich mir doch eine umfassende kaufmännische Ausbildung. Da lernt, man je, nach Beruf, nicht nur zu verkaufen, sondern auch etwas über das Produkt, Kalkulation und andere Hintergründe, die mancher Vertriebler nicht hat und in dieser Turbo-Ausbildung auch explizit nicht gewünscht ist.

In meiner Ausbildung habe ich nicht nur verschiedene Spezialisierungen des Berufes, sondern auch alle Abteilungen des Betriebes kennengelernt. Dadurch hatte ich mehr Einsicht in das ganze Unternehmen und die Abläufe, als so mancher “alte Hase”.

Interessant an dem Pitch bei DHDL war, dass die Gründer am Ende der Sendung tatsächlich einen Deal mit Maschmayer UND Williams hatten. Wie man später aber lesen konnten, haben sich aber nachher die Gründer zurückgezogen, weil kurz vor der Aufzeichnung ihr Geschäftsmodell umgestellt haben und dann feststellten, dass sie ja gar kein Geld brauchen. Ich hätte an Stelle des Fernsehsenders diesen Pitch gar nicht gezeigt, da es den Gründern wohl nur um Publicity ging.

Heilpraktiker im Ausland?

Ich frage mich ja, ob es eigentlich auch so etwas wie den deutschen Heilpraktiker auch im Ausland gibt. Also ein Beruf den man ohne Ausbildung oder gar Studium ausführen darf (nur eine kleine allgemeine Prüfung ist notwendig) und dabei vorgibt medizinische Dienstleitungen zu erbringen? Dabei werden vielfach Methoden angewandt der Wirkung wissenschaftlich nicht belegt oder gar widerlegt ist.

Eigentlich ist das so absurd, dass sich das keiner Ausdenken kann. Was unterscheidet Heilpraktiker von Voodoo-Priestern, Geistheilern oder Exorzisten? OK, es gibt auch einige Leute die an solchen Hokus-Pokus glauben, aber für ich vermute mal dass für viele Menschen, die einen Heilpraktiker aufsuchen, doch zu absurd ist. Aber wo liegt jetzt der Unterschied zwischen Quanten-Heilung und Voodoo-Priestern; wo der Unterschied zwischen Homöopathie und Exorzismus? Es gibt keinen, das ist ALLES Quatsch. Unwissenschaftlicher und nichtmedizinischer Humbug.

Wer nun ankommt und meint: “Bei mir hat es aber geholfen”, dem seien die FAQ des Informationsnetzwerkes Homöopathie ans Herz gelegt. Einige der dort aufgeführten Punkte gelten auch für andere Methoden der “alternativen Medizin”. – So langsam glaube ich, gibt es kaum noch eine sinnvoll Verwendung des Wortes “Alternativ”. “Alternative Medizin” ist keine Medizin, die “Alternative für Deutschland” ist eher eine Schande für Deutschland und alternative Fakten finden sich vielleicht noch im Kopf von Donald Trump.

Gerade gelernt, dass Heilpraktiker auch Psychotherapie anbieten dürfen. Das, auch im Zusammenhang mit der fehlenden Ausbildung, finden auch Andere schlecht.

Am Ende noch mal kurz zur Eingangsfrage: Welches Land bietet Scharlatanen die Möglichkeit sich als “Heiler” selbstständig zu machen? Eigentlich sollte das in keinem zivilisiertem Land möglich sein und ich hoffe, dass wir diese deutsche Sonderstellung bald abschaffen.

Verkaufte Namen

Ein Name dient unter Anderem zur Identifizierung von Personen und Objekten. Allerdings verliert er genau diese Funktion, wenn er immer wieder geändert wird.

Bei Konzernen kommt es ab und zu mal, dass die sich einen neuen Namen geben, mal wird der bestehende Name nur leicht abgewandelt, manchmal wird ein komplett neuer genommen. In letzter Zeit sind das dann irgendwelche nichtssagende Fantasiewörter. Da weiß man schon nicht mehr, ob das nun eine Versicherung oder eine Hämorridensalbe ist. Oft stellt sich das Unternehmen dann “neu auf”; breiter oder auf die Kernkompetenzen konzentriert. Manchmal wird ein ganzer Bereich, oder sogar das bisherige Kerngeschäft abgetrennt und unter einem weiteren Fanatsienamen weitergeführt. Dass damit vielleicht eine negative Firmengeschichte verloren geht, ist durchaus gewollt.

Wo es auch richtig nervig ist, wenn die Namen wechseln, sind Veranstaltungsstätten. Irgendwann wurde es ja mal Mode, dass Fußballvereine, die Namensrechte an ihrem Stadion verkaufen, um noch ein paar mehr Euro in die Kasse zu spülen. So hat das Hamburger Volksparkstadion folgende Namenshistorie.

  • Volksparkstadion
  • AOL Arena
  • HSH Nordbank Arena
  • Imtech Arena
  • Volksparkstadion

Sämtliche Unternehmen sind pleite gegangen und deswegen hat der Hauptgeldgeber des HSV die Namensrechts zwar gekauft, aber darauf verzichtet, den eigenen Firmennamen ins Spiel zu bringen.

Gleich daneben entstand in den 90ern eine große Mehrzweckhalle. Diese wurde gleich als “Color Line Arena” gebaut. Viele Einheimische haben den Namen aber zu Colina abgekürzt. Wohl nicht im Sinne des Sponsors. Auch diese Halle mittlerweile schon mehrere Namenswechsel hinter sich.

  • Color Line Arena
  • O2 World Hamburg
  • Barclaycard Arena
  • Barclays Arena

Um das Ganze noch etwas komplizierter zu machen, wurde neben der Colina noch eine weitere, kleinere Halle gebaut, deren “Arena-Name” natürlich auch schon geändert wurde:

  • Volksbank Arena
  • q.beyond Arena

Wer soll denn da den Überblick behalten? Gerade wenn man nicht regelmäßig in diesen Stätten ist. So hat der offizielle Name keine Funktion und verliert auch an Wert. Wer will denn schon noch Millionen dafür ausgeben, wenn die Bevölkerung eh eigene Namen für die Arenen benutzt? Man kann sich auch mit Geldgier das eigene Geschäft kaputtmachen.

Der Markt regelt das – NICHT

Es gibt da eine Partei, die sich mal als frei und demokratisch bezeichnet hat und von anderen “die Liberalen” genannt wurde. Heute ist sie nur noch für den von ihr propagierten Volldampf-Kapitalismus bekannt. Ihr ganzes Konzept lässt sich auf “Der Markt regelt das” und “Unternehmenssteuern senken” zusammenfassen.

Eigentlich sollte mittlerweile Jeder verstanden haben, dass wir (die Weltbevölkerung im Allgemeinen und die “westliche Zivilisation” im Speziellen) so mit der Ausbeutung des Planeten nicht weitermachen können. Vor einigen Wochen war wieder der “Earth Overshoot Day”. Also der Tag im Jahr, an dem wir rechnerisch die Ressourcen verbraucht haben, die uns die Natur in einem Jahr liefert. Seit diesem Tag zerstören wir bis Ende des Jahres die Grundlage unseren Lebens. Wir zerstören die Natur und die Zukunft unserer Nachkommen. Wir bräuchten fast zwei Erden um uns unseren globalen Lebensstil zu leisten.

Gerade hier zeigt sich, dass ein ungeregelter Markt zu Problemen führt. Die Natur liefert uns vielfach gratis ihre Ressourcen. Wasser und Luft sind fast umsonst. Deswegen haben diese Ressourcen für die Wirtschaft auch keinen Wert. Der Markt regelt nur dass die Unternehmen ihre Produkte zu Hungerlöhnen unter schlechtesten Arbeitsbedingungen in den ärmsten Ländern der Welt herstellen. Gleiches gilt für die Beschaffung von Rohstoffen oder die “Entsorgung”. Stets wird wird ausgebeutet, wo es nur geht. Die Arbeitnehmer sind keine gleichberechtigten Mitglieder des “Arbeitsmarktes”.

Wo ich persönlich ja auch über Jahrzehnte das Versagen des Marktes zu spüren bekommen habe, war beim Breitbandausbau. Die Telekommunikationsunternehmen, und vor allem die Deutsche Telekom, haben ihre Ausbautätigkeiten auf die Bereiche beschränkt, in denen sie schnell und einfach viele Kunden erreichen konnten. Dort gab es oft mehrere Ausbaustufen, während im ländlichen Bereich nichts passiert ist.

Auch auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt spielt alles verrückt. Die Preise schießen dermaßen in die Höhe, dass sich ein normaler Arbeitnehmer das praktisch nicht mehr leisten kann. Stattdessen gibt es immer mehr Ferienwohnungen bzw. -häuser und die Gutverdienenden geben sich nicht nur mit einem Haus ab. Neben dem Häuschen am Stadtrand wäre doch auch noch ein Wochenendhäuschen, was allerdings ein vollwertiges Einfamilienhaus ist, irgendwo in Wassernähe doch was Schönes. Und mal wieder geht das alles zu Lasten der Ärmsten, die keine Wohnungen mehr finden.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis und kein Luxusgut. Aber die Kommunen haben diese Situation selbst mit herbeigerufen. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften wurden vielfach an private Investoren verkauft. Und dann wundert man sich, dass es plötzlich keine Sozialwohnungen mehr gibt, weil die alten aus der Preisbindung herausgefallen sind und die privaten Investoren lieber “exklusive Eigentumswohnungen” verkaufen, als Sozialwohnungen zu vermieten.

Das Lustige ist, dass, wenn man Freunde des freien Marktes auf Missstände hinweisst, die der Markt eben beseitigt hat, sondern vielleicht noch verschärft hat, dann argumentieren diese Leute, dass der Markt an dieser Stelle eben nicht frei sei, weil es da irgendwelche Einschränkungen oder staatliche Eingriffe gäbe.

Bleibt als Fazit: Der freie Markt existiert nicht oder er funktioniert nicht, also können wir uns am besten gleich von diesem Hirngespinst lösen.

Ein kleiner Hörtipp zum Schluss: In einer Satire-Ausgabe des WDR-Zeitzeichens wird der Erfinder des Kapitalismus vorgestellt.

Übergewinnsteuer – Sinnvoll oder sinnlos?

Aktuell wird ja über die sogenannte Übergewinnsteuer diskutiert. Dabei geht es darum, Unternehmen, die aktuell besonders von den Krisen profitieren mit einer Zusatzsteuer zu belegen. Gedacht wird vor allem an die diversen Unternehmen aus dem Energieversorgungssektor. Während sich die Endkundenpreise für Strom, Heiz- oder Kraftstoffe vervielfachen, steigen die Gewinne der großen Energiekonzerne mindestens ebenso sprunghaft an. Von meinem Gerechtigkeitsempfinden befürworte ich eine solche Steuer. Ich habe aber ERHEBLICHE Zweifel ob die Übergewinnsteuer überhaupt ihren Zweck erfüllt.

Berufsbedingt kenne ich mich ein wenig mit größeren Unternehmen und deren Besteuerung aus. Ich will jetzt nicht auf die Details von z.B. Gewerbe- oder Körperschaftssteuer eingehen, daher spreche ich vereinfacht von “der Steuer”.

Unternehmen müssen in der Regel regelmäßig im laufenden Jahr Vorschüsse für ihre Steuerlast zahlen. Dafür werden die vorherigen Steuerbescheide als Grundlage genommen. Der aktuellste Steuerbescheid kann dabei aber schon einige Jahre zurücklegen. Das hat mehrere Gründe. Meistens lassen die Unternehmen sich Zeit. Die Steuererklärung von große Konzerne ist recht komplex und nicht in 10 Minuten erledigt. Dafür werden beim Finanzamt regelmäßig Fristverlängerungen beantragt. Eine Steuererklärung zwei Jahre nach dem Ende des Geschäftsjahres abzugeben, ist nicht ungewöhnlich.

Wenn wir also ein Unternehmen mit höheren Steuern “bestrafen” wollen, für Mehrgewinne, das es in diesem Jahr realisiert, dann würde es dafür die Steuererklärung vielleicht erst Anfang 2025 abgeben. Bis das Finanzamt diese geprüft hat und einen Steuerbescheid ausgestellt hat, können noch einmal ein paar Jahre ins Land gehen. Gerade wenn noch einige grundsätzliche Punkte geklärt werden müssen. Erst dann würde das Unternehmen die Steuern zahlen.

Also dass eine Übergewinnsteuer JETZT irgendetwas ändert, ist illusorisch. Man könnte natürlich einfach höhere Abschläge festsetzen. Doch auf welcher Basis?

Einen exakten Übergewinn als Folge des Profits aus einer Krise wird wohl niemand feststellen können. Es bleiben etwa nur Schätzungen anhand Vorjahren. Da Gesetze und somit auch Steuern allgemeingültig sein müssen, werden dann aber auch eine Reihe von anderen Unternehmen fälschlicherweise von der Übergewinnsteuer betroffen sein, z.B. Neugründungen von Unternehmen, die bisher wenig Gewinn ausgewiesen haben. Oder Unternehmen, die besonders im ersten Corona-Jahr extreme Einbußen hatten. Ich kenne das selbst aus einem Betrieb, der nachteilig von einer Steueränderung betroffen war, die eigentlich ein Steuerschlupfloch schließen sollte.

Und natürlich darf man nicht den bürokratischen Mehraufwand zur Ermittlung eines “Übergewinns” vergessen. Dieser trifft jedes Unternehmen.

Vor allem aber sollte man sich ansehen, wenn man genau mit dieser Zusatzsteuer treffen will. Das sind vor allem internationale Konzerne. Die haben ganze Abteilungen, die sich damit beschäftigen, Steuern zu vermeiden. Das bringt für die Aktionäre mehr Profit als irgendeine Produktivitätssteigerung. Die einfachen Werkzeuge sind die Gewinne einfach in andere Geschäftsjahre oder andere Staaten zu transferieren. Je größer ein Konzern ist, um so mehr Möglichkeiten Steuern zu umgehen, hat er. Und das sind nur die legalen Mittel. Ob am Ende dann auf dem Papier noch ein Übergewinn übrig bleibt, ist sehr fraglich.

Und man kann sicher sein, dass im Falle der Veranlagung einer Übergewinnsteuer, die Anwälte der entsprechenden Konzerne, die Klage dagegen schon vorbereitet in der Schublade liegen haben.

Bleibt als Fazit: Eine Übergewinnsteuer wäre prinzipiell ein gute Idee, um etwas mehr Gerechtigkeit herzustellen, doch sind schnelle Effekte nicht zu erwarten. Stattdessen sollte man mittelfristig EU-weit die Versteuerung vereinheitlichen und legale Steuerschlupflöcher sinnvoll stopfen.