Nicht für jeden Kram braucht man eine App. Und nicht jede App ist gut. Und nur weil ein großer Name dahintersteht, heißt das schon gar nichts. Konkret geht es hier um eine App eines der größten Sportverbände der Welt (DFB) und der eines der größten Autohersteller der Welt.
Auch wenn die Bereitstellung von Apps nicht zu deren Hauptaufgabe gehört, sollte man doch denken, dass bei solchen Unternehmen, die jährlich Milliarden umsetzen, besonders viele Augen kritisch drauf blicken, schließlich hat man einen Namen zu verlieren.
Dem DFB ist das wohl alles egal, die sind so groß, so mächtig, so satt, dass die alles machen können. Niemand kommt gegen den DFB an, wenn es um Fußball in Deutschland geht. Von der Mannschaft meiner Kinder wurden wir aufgefordert, die App “Teampunkt” zu installieren, um die internen Termine zu koordinieren. Es gab vom Trainer einen Einladungslink, mit dem man zur Mannschaft zugeordnet wird. Als erstes muss man sich aber beim DFB registrieren. So mit E-Mail-Adresse, AGB, usw. Das war bei der zuvor genutzen “SpielerPlus”-App nicht der Fall. Aber wer groß ist, hört nicht auf gierig zu sein; also bitte werft dem DFB noch mehr Daten zum Fraß vor.
Die Registrierung klappte problemlos, aber das Anmelden in der App funktionierte nicht. Auf zwei Smartphones das selbe Dilemma. Beim Login, startete die App den Browser und nach der Eingabe ging es wieder in die App, die aber nicht die Rückmeldung über den erfolgreichen Login bekommen hat. Man hängt also in einer Endlosschleife fest. Das Festlegen eines anderen Standardbrowser und die Änderung der Einstellungen für das Öffnen des Teampunkt-URL hat nichts gebracht. Dann ein kurzer Blick in den Playstore: Oh, eine Gesamtbewertung von 3,0! Klingt nicht besonders gut. Und die ersten negativen Kommentare befassten sich genau mit meinem Problem. Der Login für die App funktioniert, unter Android, wohl nur mit Googles Browser Chrome. Und dass den heutzutage nicht mehr alle Nutzer installiert haben, ist den Entwicklern wohl entgangen. Ich weiß auch gar nicht, was da der technische Hintergrund sein soll. Warum braucht es für den Login unbedingt Chrome? Das spricht nicht gerade für die Entwickler. Und noch schlechter ist es, dass das in Tests nicht aufgefallen ist. Aber absolut unterirdisch ist es, dass entsprechende Fehlermeldung seit mehreren Monaten ignoriert werden.
Also kurz Chrome installiert, Login funktioniert, Chrome deinstalliert. – Was für ein Mist!
Wechseln wir also zur nächsten Weltmarke: Volkswagen.
Ich fahre ja seit ca. 1,5 Jahren einen VW E-Up. Für das Fahrzeug gibt es zwei relevante Apps, deren Funktionsumfang und Nutzen für den Fahrer zunächst unklar sind, selbst die Autoverkäufer sind da nicht so im Bilde. Vertriebler halt. Erstens “Maps and More” und zweitens “We Connect”. Was die Information um die Apps nicht leichter macht, ist die Tatsache, dass in älteren Artikeln die “We Connect”-App noch als “Car Net” bezeichnet wird. “Car Net” ist heute aber der Begriff für die VW-Online-Plattform. Die erste App wird als Infotainment-System angepriesen. Ja, kann man dafür nutzen, Musik und Navigation. Muss man aber nicht. Was die App allerdings zwingend macht, ist dass man bestimmte Einstellungen am Fahrzeug, z.B. über das Ladeverhalten, nicht direkt im Auto, sondern eben nur über die App einstellen kann. Das ist tatsächlich der einzige Grund, warum ich diese App hin und wieder starte.
So, wozu braucht man also die WeConnect-App? Darüber kann man auch die erwähnten Einstellungen vornehmen, aber auch aus der Ferne. Dazu kommuniziert die App mit Servern von VW, die wiederum über die E-Sim eine Verbindung zum Auto aufbauen. Um diesen Service und die App nutzen zu können, muss man ein kostenpflichtiges Abo abschließen. Die ersten 12 Monate sind als Testzeitraum kostenlos, danach verlangt VW für ein Jahr 99 (!) Euro. Es gibt eine einzige sinnvolle Funktion in der App. Und zwar kann man das Auto aus der Ferne vorklimatisieren. Leider ging das in der Praxis fast nie, da es meistens Verbindungsprobleme gegeben hat und wenn es dann mal geklappt hat, auch mehrere Minuten dauerte, bis man diese Einstellung vornehmen konnte. Keine Ahnung, ob die App so schlecht programmiert ist, ob die Server überlastet sind oder beides. Auf jeden Fall alles andere, als ein Aushängeschild für den Weltkonzern. Zumal gerade solche Zusatzdienste doch immer erwähnt werden, wenn die Hersteller mehr Umsatz generieren wollen.
Aber selbst wenn man sich für das kostenpflichtige Abo entscheidet, was ich natürlich nicht gemacht habe, wird es dem Kunden ausgesprochen schwer gemacht, das Paket zu buchen.
Man loggt sich auf der VW-Seite mit seinen Kundendaten ein und sieht dort genau sein Fahrzeug, exakt so, wie man es gekauft hat, mit allen entsprechenden Ausstattungsmerkmalen und der Fahrzeug-ID. Dort gibt es einen Link, über den man sein Abo bestellen kann. Folgt man dem Link in den Shop, ist plötzlich nichts mehr über das Fahrzeug bekannt. Es werden dort Abo-Pakete mit Funktionen angeboten, die mein Auto gar nicht unterstützt. Außerdem ist das Ganz soo dermaßen unübersichtlich gestaltet *, dass man keinen richtigen Überblick darüber bekommt, welches Paket mit welchem Fahrzeug welche Funktionen anbietet.
Normalerweise hat sich ja durch gesetzt, dass man Tabellen erstellt, in denen man verschiedene Varianten gegenüberstellt. Z.B. bei Software, da gibt es die Light-Versionen, die Standard-, die Plus- und die Super-Plus-Variante. Auf einen Blick kann man sehen, was man für welchen Preis bekommt. Nicht so bei VW. Es gibt zwar auch eine Tabelle, die aber nicht sortiert ist und halt auch Pakete beinhaltet, die für mich gar nicht nutzbar sind. In einer Fußnote stand, dass die Funktionen die ich nutzen könnte kostenlos seien. Das bezog sich aber auch ein anderes kostenpflichtiges Paket.
Manchmal wird der Kunde ja absichtlich in die Irre geführt, um ein unnützes oder zu teures Produkt zu kaufen. Hier wird der Kunde aber so verwirrt, dass er lieber gar nichts kauft.
Warum ist das alles so schlecht? Wie gesagt, das ist doch ein neues Geschäftsfeld, mit dem VW zusätzlichen Umsatz machen will. Waren denn da nur Anfänger am Werk? Im Online-Marketing wird doch so gerne das “Nutzererlebnis” zitiert. Warum hat hier niemand auf ein positives “Erlebnis” geachtet.
Also eine App, die nicht funktioniert soll in einem irreführenden Online-Shop verkauft werden. – Wer kann dazu schon “Ja” sagen?
* Stand Juli 2022
Update 07.11.2022
Zumindest der DFB hat nur wenige Monate nach den ersten Meldungen das Problem wohl behoben. Immerhin schreiben Sie:
Liebe TEAMPUNKT-User, mit dieser Version haben wir aufgetretene Log-In-Probleme bei bestimmten Browser-Versionen behoben. Viele Dank für eure Unterstützung und Geduld, das TEAMPUNKT-Team
Release Notes DFB-Teampunkt-App
Ausprobiert habe ich das aber nicht.