Rechte Propagandamethoden – Teil 1

Letztens habe ich mich mal wieder in der rechten Twitter-Blase umgesehen. Dort fiel mir ein typischer ausländerfeindlicher Tweet auf. Es ging um eine Straftat, die hier in der Nähe stattfand. Deswegen weiß ich von dem Fall schon länger. Eine Frau wurde auf einem Feld gefesselt aufgefunden, sie wurde verschleppt und vergewaltigt.

Bis dahin, hat das niemand vom rechten Rand interessiert. Erst als berichtet wurde, dass der mutmaßliche Täter festgenommen wurden, reagierten die rechtsextremen Twitterer. Schließlich ist der Tatverdächtige türkischer Abstammung. “War ja klar” und “Warum berichtet niemand über den Fall” waren einige Reaktionen. Selbstverständlich wurde über den Fall berichtet, nur halt nicht in der rechten Filterblase, schließlich fehlten die entsprechenden Trigger-Wörter.

Man kann hier mal wieder ganz klar sehen, dass es weder um die Tat noch um das Opfer geht. Für die Rechten ist einzig und allein der Täter ausschlaggebend.

Übrigens bedient sich einer dieser Hetz-Account des Logos der AfD, obwohl dies kein offizieller AfD-Twitter-Account zu sein scheint. Warum tut die AfD nichts dagegen? Sie will doch öffentlich immer ein gemäßigteres Bild abgeben, als das Ihrer Wähler/Unterstützer.

Auf jeden Fall picken sich die rechten Hetzer immer nur die Straftaten heraus, die sie für ihre Ideologie passen. Ein generelles Problem ist ja immer, dass viele Tötungsdelikte in der Familie stattfinden, oft werden dabei Frauen umgebracht. Leider schreiben viele Medien dann immer noch verharmlosend von “Familientragödie” oder “Beziehungsdrama”. Schlimmer ist aber, dass sobald der Täter Ausländer ist oder ausländische Vorfahren hat, wieder die rechte Meute auf den Fall stürzt und das Ganze als “Ehrenmord” deklariert. Schließlich sei es ja in manchen Kulturen angeblich üblich, Frauen umzubringen, die irgendetwas getan haben um die “Familienehre” zu verletzen. Dass aber gleichzeitig, fast jeden dritten Tag ein deutscher Mann seine Partnerin umbringt, wird in der rechten Blase lieber verschwiegen. Schließlich muss man seinen Hass ja kanalisieren.

AfD: Wir sind ja keine Nazis, ABER…

Die AfD stellt sich ja immer gerne als bürgerliche Partei dar. Rechtsextreme Äußerungen sind stets “Ausrutscher”, “nicht vpn der Partei genehmigt” oder sonst etwas. Auf jeden Fall achten die Offiziellen tatsächlich ziemlich genau darauf, dass das was sie sagen nicht gleich strafrechtlich relevant ist. Natürlich wird dann hin und wieder mal gezielt ein Tabubruch eingestreut (“Wird man ja wohl noch sagen dürfen.”), damit die AfD wieder im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion steht.

Bei ihren Anhängern sieht das ganz anders aus. Hier wird gehetzt und Fake-News verbreitet so doll wie es nur geht. Diese Äußerungen bewegen sich auch oft jenseits der Grenze der Legalität. Es verursacht mir echt Magenkrämpfe wenn ich mir Twitter-Accounts von solchen Leute ansehe. So etwas Menschenverachtendes, das ist echt beschämend für einen Deutschen.

Aber “natürlich” sind das alles keine Nazis. Aber komischerweise fühlen die sich trotzdem gleich angegriffen, wenn man etwas gegen Nazis sagt, genauso wird man angegriffen, wenn man sagt man sei Antifaschist. Damit muß man ja nicht gleich der Antifa angehören, man ist halt nur gegen Faschismus. Aber auch das stört die Rechten.

Auch Rechtsterrorismus ist für die immer ein Schuh, den die sich anziehen müssen (“Die Linken sind ja viel schlimmer”). Genau die Linken, also nicht die Partei, sondern alles was politisch links von ihnen ist, das sind ja die Schlimmsten. Eigentlich sind das ja die Nazis. Die wollen ja verhindern, dass die armen Rechtsextremisten noch mehr Macht bekommen. Eigentlich sind AfD und Co. so etwas wie die Juden während der NS-Diktatur.

Auch wird Lehrern und Journalisten vorgeworfen, sie würden sich nicht an ihr Neutralitätsgebot halten, wenn sie Dinge wie Menschenrechte oder die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung verteidigen. Echt immer erstaunlich, wie Manche die elementarsten Grundpfeiler unseren Zusammenlebens einfach mal so in Frage stellen und sich dann auf der anderen Seite wieder auf das berufen, was sie als deutsche oder christliche Tradition verstehen.

Immerhin ist es nun gerichtlich festgestellt, dass man Björn Höcke aka Bernd Höcke aka Landolf Ladig als Faschist bezeichnen darf. Traurig nur, dass dieses Wesen 23% der Stimmen bei der Thüringer Landtagswahl bekommen hat.

Diskussionskultur

Dass die Rechten vielfach die Diskussionsthemen vorgeben ist ja mittlerweile erkannt.

Man darf auch nicht über jedes Stöckchen springen, dass aus der rechten Ecke geworfen wird. Erfundene Skandale, haltlose Behauptungen und einfach nur Hass gegen “Andere” – Die Provokationen und Grenzüberschreitungen sind oft gewollt und hinterher hat man es natürlich nie wirklich so gemeint.

Aber was mich immer wieder nervt, ist die Tatsache, dass die Rechten Themen kapern. Neulich hat etwa Greta Thunberg die Aktivisten besucht, die im Hambacher Forst ausharren und gegen dessen Abholzung und den Braunkohletagebau im Allgemeinen protestieren. Da gab es ein Gruppenbild. Und auf diesem Bild hat eine Frau ihr Gesicht verhüllt. Und was passiert nun? Jetzt wird tagelang nur darüber diskutiert, ob diese Frau vermummt sein darf oder nicht. – Mal wieder schön vom eigentlichen Problem abgelenkt, liebe AfD und Co.

Ich habe jetzt übrigens zwei Formulierungen in meinen Wortschatz aufgenommen, die aus der “Weiter-So-Fraktion” stammen und die ich immer höre, wenn man über Klimawandel und Umstellungen auf andere Energieträger spricht.

Wenn also etwas kaputt ist oder nicht so funktioniert wie es sollte (auch bei Bedienungsfehlern) sage ich dann: “Die Technik ist wohl nicht so ausgereift.” Außerdem ist auch der Spruch “Das ist es jetzt auch nur so ein Modethema”. Den kann man wirklich sehr gut gut anbringen, wenn es um die Wirtschaft geht.

Noch mal zum Thema AKK und Meinungsfreiheit

Ich muss noch mal etwas zum Thema Kramp-Karrenbauer und Ihrer Aussage bezüglich “Meinungsmache” im Wahlkampf schreiben. Das Thema ist einfach so ungeheuerlich. Es ist unglaublich, dass wir über eine Aussage der Vorsitzenden der Regierungspartei diskutieren müssen, die nichts anderes als die Meinungsfreiheit einschränken will.

Ich habe letztens mit meinen Kindern “Die Sendung mit der Maus” gesehen. In der Folge ging es um das Grundgesetz. Ich kann Frau Kramp-Karrenbauer diese Sendung nur wärmstens empfehlen. Vielleicht schafft das ein wenig mehr Verständnis über Bürgerrechte.

Und der Vollständigkeit halber hier mal Artikel 5 des Grundgesetzes:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Da steht nichts, davon dass die Meinungsfreiheit in Wahlkampfzeiten eingeschränkt wird. Vielleicht sollte man eher mal Lügen der Parteien im Wahlkampf verbieten.

Gegen die Lügen und Agitationen der AfD scheint AKK nichts zu haben. Aber wehe, es kommt jemand und blickt zurück auf die “Leistungen” der CDU und erklärt dann dass man aus diesen Gründen die CDU lieber nicht wählen sollte; ja dann ist die Demokratie in Gefahr.

Diese Diskussion ist soooo absurd. Die Frau, die die Verfassung mit den Füssen tritt, ist absolut inakzeptabel. Deswegen: Wählt nicht die CDU, wählt nicht die CSU! (So lange ich dass noch schreiben darf)

Einige Gedanken zur EU-Wahl

Gestern wurde das europäische Parlament neu gewählt. Das Wahlergebnis hinterlässt bei mir verschiedene Eindrücke. Ich beziehe mich hauptsächlich mal auf das deutsche Ergebnis: Zum einen ist da der Erfolg der Grünen. Das zeigt klar, dass das Thema “Klima” langsam in den Köpfen ankommt. Die Grünen haben sicherlich auch den einen oder anderen Makel, aber zumindest hofft hier auf bessere Politik als bei C(D/S)U und SPD. Der Absturz der ehemaligen Volksparteien war eigentlich vorher zu sehen. Die Politik der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass die beiden Parteien nicht im Sinne der Bevölkerung handeln. Besonders die SPD hat immer mehr an Profil verloren. Soziale Themen kommen praktisch kaum noch vor. Auf dem Papier mag das vielleicht anders aussehen, aber in der Groko fehlt eindeutig ein sozialdemokratischer Hauch. Die letzten Wähler fühlen sich nur noch verarscht, weil man sich weder an Wahlprogramme noch an den Koalitionsvertrag hält. Es wäre bei der letzten Bundestagswahl wahrscheinlich besser für die SPD gewesen, sie wäre tatsächlich in die Opposition gegangen. Da hätte sie Profil zeigen können.

Früher hat ja die FDP oft die Rolle des Juniorpartners in Regierungskoalitionen gehabt. Die hatten weit mehr Einfluss als die heutige SPD. Da hat die CSU schon mehr zu sagen, als die Sozialdemokraten.

Ich möchte allerdings widerlegen, dass die Politik durch die Groko gelähmt wurde. Besonders im Bereich der Überwachung ist viel passiert. Das Grundgesetz ist zwar gerade 70 Jahre alt geworden. Die Grundrechte darin sind mittlerweile aber ziemlich ausgehöhlt.

Die Ergebnisse der AfD schockieren mich immer noch. In einigen Wahlbezirken in Ostdeutschland sind die mit über 30% stärkste Partei geworden. Eine Besserung kann man nicht erreichen, in dem andere Parteien die Fremdenfeindlichkeit übernehmen; sondern man die soziale Ungerechtigkeit abbauen.

Überhaupt ist es erschreckend wie viele Stimmen in ganz Europa rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien einsammeln konnten. Viele Leute scheinen tatsächlich zu vergessen, dass die EU uns viel Gutes gebracht hat. Man kann sich ja mal ansehen, wie vorher aussah. Wir leben in einer langen Friedensphase und Länder die Jahrhunderte lang verfeindet waren, wie Deutschland und Frankreich sind nun die engsten Verbündeten. Nationalisten in allen Ländern gefährden nun diesen Frieden.

Ich hatte ja eigentlich gedacht es wäre sinnvoll, wenn die Briten mit der EU-Wahl auch gleich ein neues Referendum zum Brexit abhalten würden. Nach dem Hin und Her und der Blockade seitens des Parlaments, dachte ich dass sich nun dort wieder eine Mehrheit für den Vebleib des Vereinigten Königreiches in der EU findet. Aber tatsächlich hat es Nigel Farage mit Brexit-Partei zur stärksten Kraft geschafft.

Weitere große Gewinner in Deutschland sind die “sonstigen Parteien”. Für die haben 12,9% der Wähler gestimmt. Das ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass es bei der Europawahl keine 5%-Hürde gibt. Das zeigt ja, wie viele Bürger doch gerne eine andere Partei wählen würden, dieses aber nicht tun, weil diese Partei aufgrund von Sperrklauseln keine Chance hat in ein Parlament einzuziehen. Ich bin der Meinung diese Regelung gehört weg. Die Rechten haben wir sowieso im Parlament. Außerdem ist die Zeit endgültig vorbei, in der wir nur zwei große Parteien hatten, die sich, teilweise unter Zuhilfenahme kleinerer Koalitionspartner, in unregelmäßigen Abständen mit der Regierungstätigkeit abwechseln.Heutzutage sind andere Koalitionen notwendig. “Große Koalitionen” die sich aus mehr als 2 Parteien zusammensetzen. Grundsätzlich finde ich ja auch die Idee gut, wie man das jetzt in Österreich macht. Ministerposten mit Experten zu besetzen. Wäre doch mal innovativ, wenn man nicht irgendwelchen Parteifunktionären, von denen man meint, sie hätten mal ein Amt verdient, als Minister vorschlägt, sondern Leute, die sich mit den entsprechenden Themen auch auskennt. Und im Bundestag könnte man zu jedem Thema diskutieren einen gemeinsamen Kompromissvorschlag erarbeiten. Das wäre doch auch mal eine Alternative zu dem Durchwinken im Parlament, dank Fraktionsdisziplin.

Falsche Politik-Schwerpunkte

Wenn man sich so anhört, worum in öffentlichen Debatten geht, sind das oft Themen, die von Rechtsradikalen ins Gespräch gebracht wurden. Etwa das Verbot von (Gesichts-) Verschleierungen, Kopftüchern bei Kindern oder die Polygamie.

Es wird so getan, als seien das die dringendsten Themen. Dabei guckt niemand, um wie viele Fälle es überhaupt geht. Aber wenn die Boulevardmedien die Diskussion noch weiter anstacheln und Benzin ins Feuer kippen, dann ist es völlig egal, ob es nun um deutschlandweit um 10 Personen oder 1.000.000 geht. Der deutsche Mob will seine Fremdenfeindlichkeit rauskehren. In Deutschland ist nur derjenige willkommen, der nicht als Fremder erkannt werden kann. Ihre eigene Kultur müssen sie komplett ablegen. Das ist dann das, was die Menschenhasser als “Integration” bezeichnen, eigentlich wäre aber eher der Begriff “Assimilation” passender.

Wobei dadurch, den Rechtsextremen, zufolge einem Ausländer oder einem deutschen Bürger mit ausländischen Wurzeln und dessen Kinder und Enkel natürlich längst noch nicht die Rechte eines Deutschen Staatsbürgers zustehen. Oft wird dann der Begriff Bio-Deutscher genannt. Der Begriff “Arier” ist halt nicht mehr so populär, aber genau das meinen die “besorgten Bürger”.

Warum verschwenden wir, die Politiker und die Medien so viel Zeit, Energie und Aufwand damit irgendwelchen Provokationen der Rechten zu folgen? Es gibt viel wichtigere Themen, die angegangen werden müssen, die man aber nicht einfach so mit einem populistischen Spruch abhandeln kann.

Und von den Medien erwarte ich mal, dass nicht alles ungeprüft wiedergeben, was ihnen vorgesetzt wird, sondern dass sie kritisch hinterfragen, ob das, was gerade angesprochen wird, tatsächlich ein so großes Problem ist.

Klimaschutz? Alternativlos!

Die Rechten rotieren ja mal wieder, wenn es um den Klimaschutz gibt. Viele streiten die globale Erwärmung ganz ab, manche dass sie menschengemacht sei. Das passt ja alles gut, schließlich sind ja die “links-grün-Versifften” eines ihrer Feindbilder. Auch Greta Thunberg und die durch sie initiierte Bewegung “Fridays for -Future” (FFF) sind Opfer des Hasses der Rechtsextremen und leiden unter deren Beschimpfungen.

Mittlerweile hat der Protest von FFF aber Wirkung gezeigt und das Thema Klimawandel ist bei einem Großteil Bevölkerung als wichtiges Thema angekommen und nun werden die Forderungen an die Politik lauter.

Allerdings sind nicht nur die Rechten gegen eine klimafreundliche Politik, sondern auch die Wirtschaft. Sie hat Angst vor den Kosten und warnt vor dem Verlust vor Arbeitsplätzen.

Ich kann es echt nicht verstehen. Denken diese Leute “immer-weit-so” wäre eine Alternative? Was würde den passieren, wenn wir uns nicht um unseren Planeten kümmern? Wären die Folgen nicht gravierender als eine veraltete Wirtschaft mit Volldampf gegen die Wand zu fahren? Die Begrenzung des Klimawandels ist kein Luxus, bei dem wir uns fragen, ob wir uns das wirklich leisten können. Umgekehrt muss man mal fragen, ob wir uns es leisten können, einfach so weiter zu machen und eventuell, vielleicht später irgendwann, wenn nichts anderes dagegen spricht uns dann mal um Nachhaltigkeit kümmern.

Außerdem könnte man als erste Maßnahme mal alle direkten und indirekten staatlichen Subventionen streichen, die für Klimaschädigungen gezahlt werden. Also etwa die massive Unterstützung der Kohleindustrie oder die Bezuschussung von PKW-Fahrten von Arbeitnehmern, Verzicht auf Besteuerung von Kerosin usw.

Vielleicht sollte man den “Wirtschaftsexperten” auch mal erklären, dass es keine freien Güter gibt. Auch ich habe das in der Berufsschule noch gelernt. Luft, Wasser, etc. kosten nichts und seien angeblich unbegrenzt verfügbar. Stimmt aber nicht. Je mehr wir davon verschmutzen, desto knapper wird das Gut und um so aufwändiger und teurer wird es, saubere Luft oder sauberes Wasser zu bekommen. Genauso sollte man die kostenlose Entsorgung von Verbrennungsrückständen in der Luft stoppen.

Eine Wirtschaft die darauf baut, knappe Ressourcen schnell zu verbrauchen, die Umwelt zu verschmutzen und Menschen in anderen Ländern auszubeuten, kann auf Dauer nicht funktionieren. Daher ist ein Umdenken unbedingt erforderlich. Ein “Weiter-so” wird es nicht geben. Wir können nur bestimmen, ob zukünftigen Generationen eine Chance geben wollen, oder nicht.

Populismus und Faktenfälscher

Letzte Woche gab in in “nano” auf 3Sat zwei kurze, aber gute Beiträge über Populismus. Ich verlinke sie hier mal.

Angst vor Veränderung

Hass auf die Eliten

Ich finde es auch immer erschreckend, wie einfach falschen Behauptungen in den Raum geworfen werden und ohne zu hinterfragen wiedergegeben werden. Wie jetzt von dem CDU-Politiker Daniel Caspary. Er behauptete,dass Demonstranten bei den Protesten gegen den Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform bis zu 450 Euro für die Teilnahme bekämen. Die Bild-“Zeitung” druckt diese Behauptung ohne den Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Natürlich ist diese Behauptung völliger Nonsense.

Solche ähnlichen Behauptungen werden ja auch gerne mal aus dem Dunstkreis der AfD verbreitet. Bedenklich, dass die CDU jetzt auch auf diesen Zug aufspringt.

Aber so funktioniert das ja nun mal, gerade bei Social Media. Da werden falsche Behauptungen aufgestellt und zig- oder hunderttausendfach verbreitet. Und schon ist die Empörung groß. Dann kommen Faktencheker und überprüfen das Ganze und finden heraus, dass das alles unwahr ist. Solche Meldungen interessieren die Rechten aber nicht, schließlich gehören sorgsam recherchierende Journalisten zu ihrem Feindbild (“Lügenpresse”, “Systemmedien” usw). Vor allem rotiert der rechte Wutmob schon weiter, schließlich sind ja in der Zwischenzeit neue Behauptungen in den Raum geworfen, über die man sich aufregen kann. Neuen Unsinn kann man ja schnell behaupten, und der “besorgte Bürger” kümmert sich weitere Verbreitung von Aufregung. Wen interessieren hier schon Fakten. Wie heißt es so schön “Verwirren sich mich nicht mit Fakten”.

Wo man leicht falsche Fakten schaffen kann, ist wenn man mit Zahlen kommt. Die wirken immer so absolut und richtig. Etwa in der Diskussion zum Tempolimit auf der Petitionsplattform des Deutschen Bundestages. Dort zweifelte ein Teilnehmer den Einfluss des CO2-Ausstossses an dem Klima an. Er lieferte ein paar Zahlen und eine absurde Rechnung und erntet Dank dafür. Häufig wird dann noch kommentiert, dass endlich mal jemand die Wahrheit schreibt. Die Antworten, die seine Annahmen widerlegen und korrekte Zahlen liefern, bekommen kaum Feedback. Aber es ist wichtig, gegen solche Verbreiter von Falschaussagen gegen anzugehen. Wenn sie keinen Widerspruch bekommen, sieht es so aus, als würde ihnen niemand widersprechen.

Bei einer Sache fällt das Verbreiten von falschen Fakten immer wieder auf. Ich arbeite beim Herrentunnel und deswegen kenne ich mich ein wenig besser aus als so mancher Online-Kommentator, Politiker oder Journalist. Man kann zum Herrentunnel stehen wie man will, aber man sollte, wie immer, bei der Wahrheit bleiben. Ansonsten disqualifiziert man sich für eine Debatte.

Aktuell beträgt die Maut für einen PKW bei 1,50 € bei automatischer und 1,90 € bei manueller Zahlung. Gerne wird die aktuelle Maut mit dem Preis vergleichen, der damals bei Vetragsunterziechnung im Raum stand. Das war eine D-Mark. Allerdings war das schon immer der rabattierte Preis bei automatischer Zahlung. Aber dieser Betrag wird immer herangezogen und mit der Bar-Maut verglichen. Hinzukommt dann immer noch eine kleine Rechenschwäche, die aus einer D-Mark 50, statt 51 Cent macht. Diese 50 Cent schwingen in jeder Debatte mit. Unter einem Artikel auf hl-live.de hat der Kommentator Bernd Feddern das Ganze noch mal gesteigert, in dem er gar von 50 Pfennig schreibt. Dieser offensichtlichen Falschaussage hat auch niemand widersprochen. Vielleicht setzt sie sich ja in den Hirnen der Tunnelgegner fest.

Was auch immer gerne unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass man heutige Preise und welchen von 1998 vergleicht. Das sind über zwanzig Jahre. Auch die Eröffnungspreise liegen schon fast 15 Jahre zurück. Das macht die Maut zwar nicht niedriger, sollte allerdings bei einer fairen Betrachtung berücksichtigt werden.

In einem Artikel in den Lübecker Nachrichten zum gleichen Thema wird erwähnt dass diese sechste Mauterhöherung laut der Grünen eine gesamte Preissteigerung von 270% mit sich bringe. Das ist falsch, auch hier wird sich nicht auf den anfänglichen Preis bezogen, sondern auf die anfänglich kalkulierte 1,00 DM. Immerhin haben die Grünen den Euro-Umrechnungsfaktor richtig eingesetzt, vergleichen aber hier auch wieder die Mauttarife in den unterschiedlichen Zahlungsarten. Bei den Lübecker Nachrichten (LN) hat sich niemand die Mühe gemacht, diese Zahlen mal nachzurechnen. Sie werden einfach so eins zu eins in die Welt gepustet, egal ob falsch oder richtig.

Aber die LN sind ja sowieso keine Tunnelbefürworter. Das merkt man in fast jedem Artikel. Einer ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Es ging um die Entwicklung der Betriebsergebnisse. Die waren bisher stets negativ, aber mit abnehmender Tendenz. Im Artikel wurden die Zahlen aber genau anders herum präsentiert. Somit entsteht für den flüchtigen Leser der Eindruck, es ginge mit dem Betreiber bergab. Solche Methoden sind kein Versehen. Bei einer gelernten Journalistin gehe ich davon aus, dass sie weiß was sie schreibt und bestimmte Mittel bewusst einsetzt.