Alle Täter sind Ausländer (fast überall auf der Welt)

Immer wenn in Deutschland abscheuliche Gewalttaten passieren, geschieht in den sozialen Medien und Kommentarspalten das Gleiche. Ohne irgendwelche weiteren Informationen wird einfach unterstellt, dass der Täter ein Flüchtling, ein Ausländer, ein Mensch mit ausländischen Wurzeln oder ein Schwarzer war. Das ist der Alltagsrassismus derjenigen, die sich gerne Patrioten, Wutbürger oder “Alternative für Deutschland” nennen.

Gerade wenn Angaben zur Nationalität, Herkunft oder Hautfarbe in den Presseartikeln nicht erwähnt werden, vermuten die Rassisten, dass absichtlich “etwas verschwiegen” werden soll.

Deshalb sind einige Polizeipressestellen dazu übergangen diese Informationen in ihre Berichte aufzunehmen. Und nun beschweren sich die gleichen Rassisten, warum denn dort immer stehen muss, dass es sich um einen deutschen Täter handelt. (Kannste Dir nicht ausdenken).

Anderen reicht dass nicht, die wittern, dass es sich möglicherweise um Menschen handeln könnte, die neben der deutschen Staatsangehörigkeit noch eine weitere besitzen. Oder deren Eltern oder Großeltern irgendwie “undeutsch” sind.

In diese Kerbe hat auf vor wenigen Monaten die Berliner CDU geschlagen. Nach den Krawallen in der Silvesternacht, wurden die Nationalitäten der Verdächtigen veröffentlicht. Und der CDU waren dort zu viele Deutsche darunter. Deswegen wollte sie die Vornamen abfragen und so Rückschlüsse auf deren Herkunft ziehen. Also sehen ob diese eher typisch deutsche Namen wie “Hans”, “Franz” oder “Adolf” haben oder doch Vornamen, die türkisch oder arabisch klingen. Denn das würde ja viel besser in das Stereotyp des bösen Ausländers passen. So ein Fremdhass muss auch gepflegt werden.

Übrigens haben ich mich nicht verschrieben. Wir sprechen hier nicht von der “AfD”, sondern wirklich von der CDU.

Mal wieder: Klimabremser FDP

Die aktuelle Debatte um die Klimawende ist mal wieder skurril.

Es sollen demnächst keine neuen Heizungen mehr eingebaut werden, die mit fossilen Brennstoffen laufen. So weit, so gut. Aktuell ist da eine Wärmepumpe die beste Variante. Die Grünen möchten diese Technologie verbreiten und wollen den Hausbesitzern auch ordentliche Zuschüsse gewähren. Die FDP bremst bei den Zuschüssen und faselt mal wieder etwas von Technologieoffenheit. Diesmal betrifft diese angebliche “Technologieoffenheit” nicht die E-Fuels, sondern Heizungen, die mit Wasserstoff laufen. Technisch ist das tatsächlich sinnvoller als die künstlichen Auto-Treibstoffe. Allerdings muss nicht nur die Heizung umgebaut werden, sondern das komplette Gasnetz muss wasserstofftauglich gemacht werden. Und wie eine Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff rein praktisch ablaufen soll, weiß auch niemand. Eine Umstellung im Netz bzw. Teilnetz, kann nur funktionieren, wenn alle verbliebenen Gaskunden bereits eine Heizung haben, die auch mit H2 läuft. Also wird eine solche Umstellung erst in zig Jahren stattfinden können, oder will die FDP etwa den Bürgern vorschreiben, dass man ein funktionierende Heizung zwangsweise ersetzen muss?

Die FDP bemerkt, zu Recht, dass das bestehende Stromnetz ausgebaut werden muss, um die zu erwartenden Strommengen transportieren. Beziehungsweise sie sagt, eigentlich könne man gar nicht auf Wärmepumpen setzen, weil die Stromleitungen das nicht schaffen werden. Punkt!

Spricht man die FDP dann auf die geringen Menge grünen Wasserstoffs an, die aktuell produziert werden, sieht sie allerdings kein Problem die Produktion hochzufahren. Die ganzen Anlagen, Leitungen und Speicher kann die FDP wohl einfach hinzaubern. Dass man auch für grünen H2 grünen Strom braucht, der nach der FDP ja auch viel zu knapp sei, wird geflissentlich ignoriert. Man braucht sogar sehr viel mehr Strom, als mit Wärmepumpen. Zunächst gibt es bei der Elektrolyse von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff immer Verluste, genauso bei der Verbrennung. Man bekommt also aus einer Kilowattstunde grünen Stroms nur einen Bruchteil als Heizleistung wieder heraus. Wärmepumpen sind dagegen scheinbare Wunderwerke sie können etwa mit einer Kilowattstunde Strom dreimal so viel Wärmeenergie bereitstellen. Das gelingt einfach dadurch, dass der Umgebungsluft Wärme entzogen wird.

Der einzige Vorteil von Wasserstoff ist die Speicherfähigkeit. Hier sollte aber daran denken Gaskraftwerke damit zu betreiben, als diesen kostbaren Stoff in alle Haushalte zu verteilen.

Und in den Medien? Da hört man fast nur Töne, die man sonst nur aus der rechten Blase kennt. Da kommt wenig bis nichts über die die FDP und deren über die Verhinderung einer sozialgerechten Entlastung. Stattdessen wieder nur Aufregung über Robert Habeck in Person, der angeblich der Oma ihre Heizung aus ihrem kleinen Häuschen reißen will.

Die große Strom-Verwirrung

Der Strommarkt ist ziemlich komplex. Aber er betrifft uns alle, da wir alle für die diversen Sachen direkt oder indirekt Strom benötigen. Und er wird immer wichtiger. Schließlich soll ein Großteil der Mobilität und der Gebäudewärme in Zukunft über Strom versorgt werden.

Es gibt da nicht nur die Stromversorger, bei denen wir alle einen Stromvertrag haben. Da gibt es etwa die Erzeuger, Großabnehmer, eine Börse, einige Händler und Spekulanten, sowie jede Menge Netzbetreiber auf den verschiedensten Ebenen.

Der normale Verbraucher kriegt davon wenig mit. Vor ein paar Monaten machten Meldungen des Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW die Runde. Dieser, in Baden-Württemberg ansässige Netzbetreiber, hat eine App namens “StromGedacht” heraus gebracht. Diese soll den normalen Endverbraucher “warnen”, wenn der Netzbetreiber angeblich zu wenig Strom zur Verfügung hat. Und so gab es tatsächlich ein paar Mal eine rote Ampel in der App, die darum bat, aktuell Strom zu sparen, zumindest in Baden-Württemberg.

Richtig erklärt wurde das allerdings nicht richtig. Auch die meisten Meldungen in den Medien haben einfach den Wortlaut der Pressemitteilung von TransnetBW übernommen. Die erklärten es so, dass es in Norddeutschland durch starken Wind “zu viel” Windstrom gäbe, der aber aufgrund mangelnder Stromnetzkapazität nicht in den Südwesten der Republik transportiert werden könne. Durch den “Stau” auf der “Stromautobahn” gäbe es in Baden-Württemberg zu wenig Strom und es müssten teure Redispatch-Maßnahmen ergriffen werden. Hier enden die meisten Beiträge. Was das genau für Maßnahmen sind, wurde nicht berichtet.

Die einfachste Frage, die sich jeder Journalist hätte stellen sollen, wäre, wo ansonsten der Strom für BW herkommt, wenn in Norddeutschland mal gerade nicht ordentlich Windstrom produziert wird. Dann kommt es doch auch zu keinem Mangel.

Das eigentliche Problem ist aber nicht die Stromproduktion oder die -verteilung, sondern der Strommarkt. Der Strompreis wird an der Leipziger Energiebörse festgelegt und zwar einheitlich für ganz Deutschland. Dabei gibt es einige Regeln. (Wenn ich hier Fehler mache, korrigiert mich bitte). Zunächst wird Ökostrom bevorzugt gehandelt. Ökostrom ist in der Regel auch der günstigste. Dann kommen die anderen Stromarten. Es wird so viel gehandelt, bis der Bedarf gedeckt ist. Im- und Export lasse ich hier mal unberücksichtigt. Die letzte Kilowattstunde die gehandelt wird, um den Verbrauch abzudecken, ist in der Regel auch die teuerste. Diese legt aber der Preis für den ganzen gehandelten Strom fest. Also bekommen auch die Erzeuger grünen Stroms diesen Preis. Deswegen ist letztes Jahr der Strompreis auch so enorm in die Höhe gegangen, weil die Gaskraftwerke oft die letzten Spitzen abdecken und der Gaspreis durch den Ukrainekrieg durch die Decke ging.

Wenn aber genug Strom von Windkraftanlagen vorhanden ist, dann ist auch der Marktpreis für den gehandelten Strom niedriger. Dann lohnt sich für fossile Kraftwerke in Süddeutschland die Produktion nicht mehr und sie fahren ihre Leistung runter, obwohl in Baden-Württemberg eigentlich mehr Strom benötigt wird.

Ein anderer Effekt ist, dass sich Speicherkraftwerke im Vorfeld schon Kontingente des günstigen Stroms gesichert haben, um die Speicher aufzufüllen. In BW kommt aber der Windstrom nicht an und die Kraftwerke sind runter gefahren. Der Netzbetreiber muss aber liefern und kauft deshalb im Ausland teuren Strom ein. Und damit er möglichst wenig kaufen muss, bittet er also die Verbraucher darum, Strom zu sparen.

Das Ganze hat also nichts damit zu tun, dass die Erneuerbaren Energien zu wenig liefern können, sondern sind vor allem auf die Marktmechanismen zurückzuführen. Ein Netzausbau könnte das Problem tatsächlich etwas entzerren. Eine andere Idee ist, den Markt in mehrere Regionen aufzuteilen. Der günstige Windstrom würde dann hier im Norden die Preise drücken, während der Süden einen höheren Preis festlegen kann.

Grundsätzlich ist die Idee die die App suggeriert ja nicht verkehrt. Strom lieber dann nutzen, wenn er im Überfluss vorhanden ist. Da gab es ja auch schon mehrfach Diskussionen, ob etwa ein E-Auto immer sofort geladen werden muss oder ob der Netzbetreiber da eingreifen und den Zeitpunkt verschieben kann.

Die meisten installierten Wallboxen (private E-Auto-Ladepunkte) sind technisch dafür ausgerüstet. Das war auch eine Voraussetzung um die Wallbox staatlich gefördert zu bekommen. Vom Netzbetreiber sind solche Regelungen technisch bisher nicht vorgesehen.

Auch bei anderen großen Verbrauchern wie Wasch- oder Spülmaschine könnte man eine externe Steuerung einbauen. Man müsste nur sagen, dass die Geräte bis zu einer bestimmten Uhrzeit fertig sein sollen, oder ob man im Zweifelsfall bereit wäre, einen höheren Strompreis zu bezahlen.

Ebenso bei dem Elektroauto. Hier könnte man noch feiner differenzieren. Also dass der Akku auf jeden Fall voll sein soll oder ob er zumindest bis zu einem bestimmten Akkustand geladen sein soll. Dafür müsste die Technik aber noch mehr vernetzt sein. Auch die Bedienung sollte einfacher sein. Wenn ich sehe, wie umständlich es ist, die programmierten Ladezeiten in meinem Auto zu ändern, dann ist da noch viel Verbesserungsbedarf.

Auf jeden Fall bringt es nichts, wenn Netzbetreiber Alle verwirren und einen nicht existierenden Strommangel vortäuschen.

Letzte Generation

Auf die Proteste der “Letzten Generation” (LG) gibt es ja sehr starke, emotionale Reaktionen. Anfangs haben sie ja auch noch in Museen Kunstwerke angegriffen, jetzt fallen sie sich ja vor allem durch ihre Straßenblockaden auf.

Ziel ist es, die Politik dazu zu bewegen, dem Klimaschutz höhere Priorität zu gewähren. In meinen Augen sind die Proteste durchaus gerechtfertigt. Wir müssen nicht nur das Pariser Abkommen erfüllen, auch das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass der Gesetzgeber mehr für den Klimaschutz machen muss. Die Mittel der LG halte ich aber nicht für zielführend.

Die meisten, oder sogar alle, Kunstwerke, die die Aktivisten angegriffen haben, hatten einen zusätzlichen Schutz, wie eine Glasscheibe, so dass die Kunstwerke nicht beschädigt wurden. Wer aber wertvolle Kulturgüter absichtlich beschädigt oder zerstört, der beweist nur, das er selbst keine Kultur besitzt.

Die Straßenblockaden sind da durchaus angebrachter. Aber auch sie verfehlen das Ziel. Die Politik interessiert sich, abgesehen von einigen Populisten, wenig für die Proteste. Stattdessen verstärken sie die Wut vieler Autofahrer. Medien wie die Bild-“Zeitung”, springen auf den Zug auf und schaffen etwa den schrecklichen Begriff “Klimakleber”.

Bei den Blockaden rasten manche Autofahrer aus und werden sogar handgreiflich. In meinen Augen beweisen solche Tätlichkeiten allerdings nur, dass die entsprechenden Personen eigentlich nicht die geistige Reife besitzen, ein Kraftfahrzeug zu führen.

Völlig daneben sind auch Äußerungen, die Demonstranten mit Terroristen gleichsetzen. Der bayerische Staat hat dann ja auch gleich mal eine neue Anwendung des Polizeigesetzes gefunden und die Protestler in präventiv ins Gefängnis gesteckt.

Dabei sind die Forderungen ja nun gar nicht mal so extrem:

  1. Tempolimit
  2. 9-Euro-Ticket
  3. Einrichtung eines “Gesellschaftsrates”

Das sind alles Maßnahmen, die sich leicht durchsetzen lassen. Aber die Politik, die Öffentlichkeit und die Medien diskutieren gar nicht um diese oder andere Maßnahmen, sondern nur darum, wie und welcher Art man solche Proteste bestrafen kann.

CDU und die Digitalkompetenz

Hier bei uns Schleswig-Holstein ist am 14. Mai Kommunalwahl. Natürlich hängen hier dann auch schon die entsprechenden Wahlplakate. Manche leider nicht in der vorgeschriebenen Höhe. 2,50 Meter mindestens über Rad- und Fusswegen. Es gibt bei uns einige Stellen, wo das echt gefährlich ist. Vielleicht sollte ich mal das Ordnungsamt antippen.

Ein ganz besonderes Plakat ist mir auf dem ersten Blick gar nicht als so besonders aufgefallen. Politikergesicht, Politkername, Name der Partei, inhaltsloser Slogan “Anpacken für [Gemeindename]” (aufgepeppt mit einem Hashtag-Zeichen, dass wohl modern wirken soll).

Hat es schon jemand entdeckt? Nein! Hier mal ein Ausschnitt:

Da hat wohl jemand in der CDU Schleswig-Holstein den Kreis- und Gemeindeverbänden ein Online-Tool zur Erstellung ihrer Wahlplakate in die Hand gedrückt. So sieht das Ergebnis einigermaßen ordentlich und entsprechend den CDU-Gestaltungsrichtlinien aus. Ein kleiner einfacher Baukasten mit Vorlagen.

Und die CDU-Gruppe der Gemeinde Ratekau fand man den Hintergrund wohl ganz ganz nett, ohne ihn sich genauer zu betrachten. Eigentlich hätte man da wohl ein Hintergrund mit Lokalbezug wählen sollen.

Das Ergebnis ist irgendwie peinlich und niemand sollte sich daran ein Beispiel nehmen.

P.S. Dieser Beitrag enthält keine Wahlempfehlung für die CDU!

Das Ende der Kernenergie in Deutschland

Wenn alles klappt, wie geplant, sollen am 15.04.2023 die restlichen Kernkraftwerke vom Netz gehen. Geplant war das Ganze ja schon ein paar Mal. So hat 2000 die rot-grüne Regierung beschlossen, dass bis spätestens 2020 alle AKWs abgeschaltet sein sollten. 2010 gab es dann bei einer schwarz-gelben Mehrheit eine Laufzeitverlängerung (“Ausstieg vom Ausstieg”). Nach der Katastrophe in Fukushima 2011 beschloss die gleiche Regierung einen Ausstieg bis Ende 2022. Als letzter Akt kam dann der von der Ampel-Regierung beschlossene Streckbetrieb der verbliebenen 3 AKWs bis zum 15. April 2023.

Man müsste in diesem Zug noch mal die finanziellen und sonstigen Zugeständnisse gegenüber den Kraftwerksbetreibern zusammenfassen. Da kommt einiges zusammen.

Aber halten wir mal fest, sowohl eine Regierung mit SPD und Grünen als auch eine mit CDU und FDP hat letztendlich für den Ausstieg aus der Kernenergie gestimmt. Das nenne ich mal eine breite Basis. Wobei, wenn man sich aktuell die Äußerungen einiger Politiker anhört, diese wohl vergessen haben, wie sie mal abgestimmt haben.

Leider wird das Ganze Thema ja stets höchst emotional diskutiert. Da gibt es Kernkraftgegner, für die Bauschutt zum Atommüll wird und mal meint ein Ministerpräsident in Süddeutschland, die Energieversorgung wäre akut in Gefahr. Beides ist unwahr. Ich bin grundsätzlich gegen AKWs, kann und werde das hier auch noch sachlich begründen, kann aber auch einige Argumente für eine Laufzeitverlängerung verstehen.

Aber schauen wir uns doch mal die aktuelle Lage an. Die Website. energy-charts.info vom Fraunhofer ISE liefert umfangreiche Daten und Diagramme zur Stromerzeugung in ganz Europa auch für zurück liegende Zeiträume.

Screenshot https://energy-charts.info

Das ist die Stromproduktion und der Verbrauch für die 13. Kalenderwoche 2023, aufgeschlüsselt nach Kraftwerkstypen. Die schwarze Linie ist der Verbrauch. Verbrauch und Produktion müssen jederzeit gleich sein, ansonsten wird das Netz instabil. Die beiden Kurven ähneln sich zwar, sind aber nicht deckungsgleich. Die Differenz wird durch Im- und Exporte ins bzw. aus dem Ausland ausgeglichen.

Der Bereich über den wir sprechen ist der rote Streifen ganz unten im Diagramm. Das ist die Stromerzeugung durch die Kernkraftwerke. Schön gleichmäßig, nicht wahr. Deswegen werden solche Kraftwerke auch gerne als Grundlastkraftwerke bezeichnet, da sie dauerhaft eine gleichbleibende Leistung liefern können. Allerdings können AKWs auch gar nicht viel anders. Sie sind, technisch bedingt, nur sehr langsam regelbar.

Es wird ja immer gerne behauptet wir müssten irgendwie die Grundlast abdecken. Nein, das ist falsch. Wir müssen die komplette Last, also den Verbrauch, abdecken, jederzeit. Ob man dazu einen Teil mit großen, dummen, kaum regelbaren Kraftwerken abdeckt ist völlig egal. Auch wenn wir die Lastspitzen nicht abdecken können, kommt es zu Stromausfällen.

Grundlastkraftwerke sind also nicht zwingend notwendig, es beschreibt nur deren mangelhafte Steuerfähigkeit. Und auch Grundlastkraftwerke stehen nicht ständig zur Verfügung. In Frankreich waren letzten Sommer nur etwa die Hälfte aller AKWs in Betrieb. Einige wegen planmäßiger Wartung, einige wegen Defekten und eine ganze Reihe musste abgeschaltet werden, weil nicht genügend Kühlwasser zur Verfügung stand. Die Flüsse hatten durch die Dürre einfach einen zu niedrigen Pegel.

Wenn man sich den schmalen roten Balken ansieht, entspricht das hier im Beispiel nur 3,6 bis 5,9% der gesamten Stromproduktion. Die drei Reaktoren liefern ca. 2,8 GW. Zum Vergleich: Strom aus Biomasse liefert 4,8 GW.

Der Ausstieg ist mehrfach mit breiter Mehrheit beschlossen worden, und das ist auch gut so. Jetzt an der Grundsätzlichkeit rum zu diskutieren bringt gar nichts. Die Wende zu erneuerbaren Energien muss fortgeführt werden. Eigentlich war Strom aus Erdgas als Brückentechnologie vorgesehen. Doch durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine sind die Versorgungsmöglichkeiten für Erdgas verringert. Deswegen hätte man tatsächlich über begrenzte Laufzeitverlängerungen nachdenken können. Aber die Kernkraftwerksbetreiber haben ja schon vorher mit dem Aus gerechnet und daher keinen Brennstoff auf Lager. Auch müssten dann wieder Revisionen in den Kraftwerken durchgeführt werden, wenn man die Verlängerung nicht auf Kosten der Sicherheit umsetzen wollte. Unklar wäre auch die Personalsituation. Wären überhaupt noch genügend qualifizierte Mitarbeiter da? Oder gehen einige in den Ruhestand oder haben sich schon was Neues gesucht?

Aber wenn wir die Kraftwerke abschalten, dann importieren wir doch Atomstrom aus dem Ausland, oder? Die Polen setzen doch jetzt auf Kernkraft und wollen neue AKWs bauen. Deutschland hat in Summe schon immer mehr Strom produziert, als wir selbst verbraucht haben. Das wird wohl jetzt etwas weniger. Und natürlich müssen wir weiterhin die Erneuerbaren Energien und auch Speicher ausbauen. Das wird schneller gehen, als die Atomkraftwerke in Polen. Die wurden zwar jetzt beschlossen. Baubeginn soll 2026 und erst Mitte der 40er Jahre sollen alle sechs AKWs fertig sein. Ob die geplanten Kosten von 40 Milliarden Euro eingehalten werden können, ist zweifelhaft.

Negativbeispiel ist der dritte Reaktorblock des Kernkraftwerkes Olkiluoto. 2003 war die Ausschreibung, 2005 Baubeginn und 2009 sollte er fertig gestellt werden. Nun er kann wohl erst JETZT den regulären Betrieb aufnehmen. 14 Jahre später, als geplant; während sich die Kosten von 3 auf 9 Milliarden erhöht haben. Super billig, diese Kernenergie. Und man sieht, dass die Realisierung von großen Anlagen nicht nur in Deutschland Zeit braucht. Auch nach dem regulären Zeitplan wären es 6 Jahre gewesen.

Überhaupt die Kosten. Wenn man alle Kosten ehrlich einrechnet, dann ist die Kernenergie plötzlich nicht mehr so günstig, wie immer wieder behauptet. Da wären natürlich die Kosten für die Endlagerung. Hier haben die Betreiber in einen Topf eingezahlt, der garantiert nicht die Kosten für Erstellung und Betrieb eines Endlagers für 1 Million Jahre decken würden. Die Betreiber haben durch die Einzahlung aber ihre Schuldigkeit getan. Für den Rest muss der Bund sorgen.

Ob die Kosten für den Rückbau der Kraftwerke vollständig von den Betreibern übernommen werden, oder ob dann die eine oder andere Tochtergesellschaft in die Insolvenz geschickt wird, ist auch noch fraglich.

Auch im Betrieb haben sich die Betreiber um Kosten gedrückt. So mussten sie das Havarierisiko nicht versichern. Es wäre einfach unbezahlbar gewesen. Jährlich 72 Milliarden. Im Katastrophenfall hätte der Bund einspringen müssen.

Aber die neuen Kraftwerkstypen sind doch alle viel sicherer, oder? Das kann schon sein, dass die Hersteller aus Fehlern, bzw. Katastrophen gelernt haben. Aber vor den Unfällen von Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima, hätten die Verantwortlichen auch nicht vorher gesagt, dass diese Unfälle so passieren können. Überhaupt hat die ganze Branche viel Vertrauen verspielt. Bei jedem Unfall und bei jeder großen Katastrophe wurde das Ausmaß zunächst stets runter gespielt. Und die Behörden haben im Zweifelsfall lieber weniger, als zu viel unternommen.

Jede Technik hat ihre Schwachstellen und ein weiterer großer Schwachpunkt ist der Mensch. Menschen machen Fehler entweder aus Versehen oder mit Absicht und in einem Kernkraftwerk können solche Fehler katastrophal sein.

Und was ist mit den neuen kleinen Reaktoren, den Small Modular Reactors (SMR)? Mein Bild von den SMR war dass das einfach so ein normaler Transportcontainer ist, der mit der Technik vollgestopft ist, alleine vor sich hin läuft und den sich jedes größere Unternehmen einfach irgendwie in eine Ecke des Betriebsgeländes stellt. Ich denke dieses Bild, haben viele.

Es handelt sich allerdings nur um ETWAS kleinere Anlage. Das sind immer noch große Industrieanlagen, die aktiv mit entsprechendem Fachpersonal betrieben werden müssen, die ein umfangreiches Kühlsystem brauchen und ein Sicherheitssystem benötigen. Kann sein, dass durch Reihenfertigung die Kosten der einzelnen Reaktoren sinken, allerdings sind wir da noch im Prototyp-Stadium. Und viele grundlegende Probleme der Kernenergie werden damit auch nicht gelöst.

Kann man den Atommüll nicht unschädlich machen? Es gibt da die Idee der Transmutation. Da soll der langlebige Atommüll umgewandelt werden, so dass er nur noch kurze Zeit strahlt. Rein von der Physik funktioniert das. Auch im Labor konnte das überprüft werden. Von einer Umsetzung im kommerziellen Maßstab sind wir aber auch hier noch weit entfernt. Bei der ingenieurstechnischen Realisierung einer im Labormaßstab funktionierenden Technik können noch ganz neue Herausforderungen auftreten.

Allerdings würde es sich bei Transmutations-Anlagen auch wieder um Atomreaktoren handeln. Mit all den technischen und sicherheitsrelevanten Problemen. Aktuell hilft uns das nicht. Vielleicht wird es irgendwann mal solche Anlagen geben, bis dahin müssen wir aber schauen, dass wir den Atommüll irgendwo sicher lagern.

Die Versorgung mit Kernbrennstoff ist auch nicht unbedingt sichergestellt. Auch hier ist eine hohe Abhängigkeit von Schurkenstaaten gegeben. Russland kontrolliert z.B. direkt und indirekt einen großen Teil des Uran-Marktes.

Und noch mal ein anderer Punkt zum Thema Sicherheit. Die Situation im Kernkraftwerk Saporischschja war im Ukrainekrieg bis jetzt schon mehrfach kritisch. Zum einen durch direkten Beschuss, zum anderen dadurch, dass das Personal übermüdet war und vor allem dadurch, dass die Stromversorgung von außen immer wieder zerstört wurde und so die Kühlung gefährdet war. Es musste mehrfach ein großer Aufwand betrieben werden, um weitere Gefahren abzuwenden. Auch solche ungewollten Situationen durch Krieg, Unruhen, Sabotage, Terrorismus oder Katastrophenfälle, die indirekt auf ein AKW einwirken, müssen bei der Bewertung der Kernenergie mit einfließen.

Also Alles in Allem: viele ungelöste Probleme, große Sicherheitsrisiken, sehr hohe Kosten und lange Bauzeiten. Das Geld sollten wir stattdessen in erneuerbare Energien stecken. Hier können wir schneller und nachhaltiger einen Ausbau erreichen.

Mal wieder DNS-Sperren

SonyMusic, ja wir erinnern uns, das sind die Computer mit Schadsoftware infizierten, also SonyMusic hat einen Rechtsstreit gegen den Betreiber des freien DNS-Resolvers Quad9 gewonnen.

Ein DNS-Resolver kann man mit einem Telefonbuch vergleichen. Er löst die Internet-Adressen in IP-Adressen auf z.B. duschmarke.de in 89.58.9.9. Nur über die IP-Adressen kann man einen Server erreichen. Das Ganze geschieht aber im Hintergrund, so dass der normale Nutzer davon nichts mitbekommt.

Eine Manipulation der DNS-Resolver ist eine beliebte Möglichkeit die Sichtbarkeit von unliebsamen Inhalten im Internet zu verringern. Das war früher schon so; etwa als die jetzige Präsidenten der EU-Kommission und damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern lieber verschleiern, statt löschen wollte. Oder auch in autoritären Staaten, die missliebige Seiten blockieren wollen.

Solche Maßnahmen werden meist bei den Zugangsprovidern umgesetzt. Wobei sie aber von den Kunden relativ leicht umgangen werden können. Entweder man wählt einen alternativen Resolver oder man setzt einfach einen eigenen auf, etwa Unbound auf einen Raspberry PI.

Also wirklich effektiv sind solche Sperren nicht. Dabei muss nicht unbedingt kriminelle Energie dahinter stecken, wenn man andere DNS-Server einträgt. Oft ist Datenschutz die Intention dahinter.

Einige Zugangsprovider haben sich mit den Medienverwertungskonzernen zusammen getan, um eine Schlichtungsstelle einzurichten, die klären soll welche DNS-Sperren wegen Urheberrechtsverletzungen eingerichtet werden sollen. Das dient vor allem der Umgehung von langwierigen und kostspieligen Gerichtsprozessen.

Screenshot Schlichtungsstelle https://cuii.info/empfehlungen/

Nun hat SonyMusic aber genau so einen Prozess angestoßen und zwar nicht gegen irgend einen großen internationalen Konzern, wie Google oder Cloudflare, die auch entsprechende DNS-Resolver öffentlich betreiben. Nein, man hat sich ein leichteres Opfer gesucht, um ein Exempel zu statuieren. Man hat die nicht-kommerzielle Organisation Quad9 verklagt und vor dem Landgericht Leipzig auch Recht bekommen.

Klagen gegen Urheberrechtsverstöße sind eigentlich nichts Außergewöhnliches, doch dieser Fall ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes.

Meistens werden Hoster oder andere Serverbetreiber nur als Störer angezeigt, hier wurde Quad9 aber als Täter verurteilt. Und die Tätereigenschaft ist, nicht nur in meinen Augen, ziemlich weit hergeholt.

Es geht um ein Musikalbum, dessen Rechte bei SonyMusic liegen. Dieses wurde von einer Person auf einer Internetplattform hochgeladen und steht dort zum Download bereit. In wie weit der Download überhaupt strafbar wäre, ist zweifelhaft. Die Massenabmahnungen an zig- oder hundert-tausende Internetnutzer zur großen Filesharingzeit (Napster, EMule und Co.), bezogen sich immer auf das Bereitstellen von urheberrechtlich geschütztem Material. Aber Sony ist eben nicht gegen denjenigen vorgegangen, der das Album hochgeladen hat, auch nicht gegen den Betreiber des Servers, auf dem die Datei liegt.

Dann sicherlich, weil Quad9 die DNS-Adresse dieses Servers liefert? Nein, auch das nicht. Es gibt eine weitere Internetseite. Diese enthält einen Link zu dem Server, auf dem die Datei liegt. Und deswegen hat SonyMusic nun den Betreiber der die Internet-Adresse in eine IP-Adresse des Servers, der auf einen anderen Server verweist, auf dem die illegale Datei zum Download bereitliegt, auflöst, verklagt. Und zwar als Täter! Das kann man sich doch nicht ausdenken. Es fehlt nicht viel und SonyMusic klagt das ganze Internet kaputt.

Der Server von Quad9 richtet sich ja nicht nur an Nutzer aus Deutschland, also dort wo Sony seine Forderungen durchgesetzt hat, sondern an Nutzer aus aller Welt. Das wird lustig, wenn Quad9 nun auch Sperrgesuche aus allen Ländern umsetzen muss und diese Sperren wiederum weltweit aktiv sind. Dabei sind solche unabhängigen DNS-Server gerade für Nutzer in Ländern mit staatlicher Zensur wichtig.

Dass eine DNS-Sperre auch mal nach hinten losgehen kann, beweist der Fall von heise.de. Die IT-Nachrichtenseite landete fälschlicherweise selbst auf einer Sperrliste und konnte von einigen Kunden eines bestimmten Providers nicht mehr abgerufen werden. Stattdessen wurde eine Seite von der oben genannten CUII angezeigt.