Die Hochrechnungen zur Bundestagswahl müssten schon komplett falsch sein, als das ich mich über das kommende Wahlergebnis freuen würde. Die CDU/CSU wird mit Abstand stärkste Fraktion. Die Merkel-Politik nach dem Motto “Weiter so!” wird so weiter gemacht. Bloß nicht zu viele Veränderungen, obwohl die in vielen Bereichen dringend nötig wären.
Es ist nur abzuwarten, wer Koalitionspartner wird. Reicht es für die FDP oder gibt es wieder eine Große Koalition zusammen mit der SPD? Die SPD hat in den letzten Jahren nicht sehr viel Profil gezeigt. Es fehlen klare Aussagen und vor allem Personen. Alles was nach Gabriel gekommen wäre, wäre besser gewesen. Schulz hat den anfänglichen Hype nicht fortführen können. Kommt es wieder zu einer großen Koalition, wird die SPD wieder nur der schwache Mehrheitsbeschaffer sein.
Außerdem wird man auch wieder sehen, wie weit die reale Politik von den Wahlprogrammen abweichen werden. Und vielleicht sollten mal die Parteien aufhören, GEGEN einen guten Vorschlag zu stimmen, nur weil er ihnen angeblich nicht weit genug geht. So verändert sich NICHTS. Wäre so als würde im Nahen Osten abgestimmt werden, ob sie ihre Konflikte ein für alle mal beenden wollen und im Grunde jeder dafür ist, aber trotzdem würde gegen den Vorschlag gestimmt, weil man ja lieber den Weltfrieden hätte.
Die FDP würde sich bei einer Regierungsbeteiligung schon mehr einbringen. Mit Lindner haben sie zwar eine starke Person an der Spitze. Die Positionen der FDP gehen doch noch mehr als früher in Richtung Wirtschaftsliberalität. Sabine Leutheuser-Schnarrenberger ist eine der wenigen Menschen in der FDP, die sich tatsächlich noch für die Freiheit der Bürgers einsetzt. Die FDP ist keine Bürgerpartei mehr, sondern nur noch eine Wirtschaftspartei. Eine CDU/CSU/FDP-Koalition würde sicherlich den Sozialabbau fördern und den Umweltschutz schwächen.
Die AfD wird in den Bundestag einziehen. Das Rennen um den Platz 3 wird knapp. Sowohl FDP, Linke, Grüne als auch die AfD sind alle dicht auf. Mit der AfD will (noch) keiner zusammenarbeiten. Aber ich denke, sie werden die parlamentarische Arbeit nicht einfacher machen.
Die Tatsache, daß eine Partei die so viel Hass versprüht, einen nennenswerten Stimmenanteil bekommt, macht mich sehr traurig. Es geht ja nicht um Diskussionen, sondern um festbetonierte Meinungen. Ich tue mich schwer damit, die AfD mit der NSDAP zu vergleichen, aber auch dort wurde gebrüllt und von “Wir” und “Die” gesprochen und wurden Ängste geschürt. Das ist das absolute Gegenteil, was ich von einer aufgeklärten Gesellschaft erwarte.
Weiterer Negativpunkt: Die Piraten werden nicht im Bundestag sein. Ich hatte große Hoffnungen in die Piraten gesetzt. Man hat der Partei aber keine zeit gelassen. Sie war vielleicht zu schnell “oben” und hat sich noch nicht selbst geordnet. In den Medien wurden sie als Facebookpartei, Chaotenhaufen oder Ein-Thema-Partei tituliert. Sie waren zeitweise, wie jetzt die AfD, in jeder Politik-Talkshow, aber manche Vertreter waren dem Medienrummel noch nicht ganz gewachsen. Die Piraten haben sich natürlich auch zu anderen Themen geäußert und habe eine klare Position, etwa zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Die Snowden-Enthüllungen haben sie leider nicht ausreichend genutzt, um für sich und den Schutz der persönlichen Daten Werbung zu machen.