Übergewinnsteuer – Sinnvoll oder sinnlos?

Aktuell wird ja über die sogenannte Übergewinnsteuer diskutiert. Dabei geht es darum, Unternehmen, die aktuell besonders von den Krisen profitieren mit einer Zusatzsteuer zu belegen. Gedacht wird vor allem an die diversen Unternehmen aus dem Energieversorgungssektor. Während sich die Endkundenpreise für Strom, Heiz- oder Kraftstoffe vervielfachen, steigen die Gewinne der großen Energiekonzerne mindestens ebenso sprunghaft an. Von meinem Gerechtigkeitsempfinden befürworte ich eine solche Steuer. Ich habe aber ERHEBLICHE Zweifel ob die Übergewinnsteuer überhaupt ihren Zweck erfüllt.

Berufsbedingt kenne ich mich ein wenig mit größeren Unternehmen und deren Besteuerung aus. Ich will jetzt nicht auf die Details von z.B. Gewerbe- oder Körperschaftssteuer eingehen, daher spreche ich vereinfacht von “der Steuer”.

Unternehmen müssen in der Regel regelmäßig im laufenden Jahr Vorschüsse für ihre Steuerlast zahlen. Dafür werden die vorherigen Steuerbescheide als Grundlage genommen. Der aktuellste Steuerbescheid kann dabei aber schon einige Jahre zurücklegen. Das hat mehrere Gründe. Meistens lassen die Unternehmen sich Zeit. Die Steuererklärung von große Konzerne ist recht komplex und nicht in 10 Minuten erledigt. Dafür werden beim Finanzamt regelmäßig Fristverlängerungen beantragt. Eine Steuererklärung zwei Jahre nach dem Ende des Geschäftsjahres abzugeben, ist nicht ungewöhnlich.

Wenn wir also ein Unternehmen mit höheren Steuern “bestrafen” wollen, für Mehrgewinne, das es in diesem Jahr realisiert, dann würde es dafür die Steuererklärung vielleicht erst Anfang 2025 abgeben. Bis das Finanzamt diese geprüft hat und einen Steuerbescheid ausgestellt hat, können noch einmal ein paar Jahre ins Land gehen. Gerade wenn noch einige grundsätzliche Punkte geklärt werden müssen. Erst dann würde das Unternehmen die Steuern zahlen.

Also dass eine Übergewinnsteuer JETZT irgendetwas ändert, ist illusorisch. Man könnte natürlich einfach höhere Abschläge festsetzen. Doch auf welcher Basis?

Einen exakten Übergewinn als Folge des Profits aus einer Krise wird wohl niemand feststellen können. Es bleiben etwa nur Schätzungen anhand Vorjahren. Da Gesetze und somit auch Steuern allgemeingültig sein müssen, werden dann aber auch eine Reihe von anderen Unternehmen fälschlicherweise von der Übergewinnsteuer betroffen sein, z.B. Neugründungen von Unternehmen, die bisher wenig Gewinn ausgewiesen haben. Oder Unternehmen, die besonders im ersten Corona-Jahr extreme Einbußen hatten. Ich kenne das selbst aus einem Betrieb, der nachteilig von einer Steueränderung betroffen war, die eigentlich ein Steuerschlupfloch schließen sollte.

Und natürlich darf man nicht den bürokratischen Mehraufwand zur Ermittlung eines “Übergewinns” vergessen. Dieser trifft jedes Unternehmen.

Vor allem aber sollte man sich ansehen, wenn man genau mit dieser Zusatzsteuer treffen will. Das sind vor allem internationale Konzerne. Die haben ganze Abteilungen, die sich damit beschäftigen, Steuern zu vermeiden. Das bringt für die Aktionäre mehr Profit als irgendeine Produktivitätssteigerung. Die einfachen Werkzeuge sind die Gewinne einfach in andere Geschäftsjahre oder andere Staaten zu transferieren. Je größer ein Konzern ist, um so mehr Möglichkeiten Steuern zu umgehen, hat er. Und das sind nur die legalen Mittel. Ob am Ende dann auf dem Papier noch ein Übergewinn übrig bleibt, ist sehr fraglich.

Und man kann sicher sein, dass im Falle der Veranlagung einer Übergewinnsteuer, die Anwälte der entsprechenden Konzerne, die Klage dagegen schon vorbereitet in der Schublade liegen haben.

Bleibt als Fazit: Eine Übergewinnsteuer wäre prinzipiell ein gute Idee, um etwas mehr Gerechtigkeit herzustellen, doch sind schnelle Effekte nicht zu erwarten. Stattdessen sollte man mittelfristig EU-weit die Versteuerung vereinheitlichen und legale Steuerschlupflöcher sinnvoll stopfen.