VW: Alle Räder stehen still…

Früher hieß: Alle Räder stehen still. Wenn dein starker Arm es will. Das war ein Kampflied der Arbeiterbewegung. Nun stehen bei VW alle Bänder still, aber nicht wegen eines Streikes, sondern weil es Streit mit einem Zulieferer gibt.

Eigentlich ist das wieder ein Fall für “Selbst schuld!” Seit ein paar Jahrzehnten wird die Produktion in der Industrie, und vor allem in der Automobilindustrie, immer mehr optimiert. Lagerbestände sollen vermieden werden, weil sie Kapital binden. Produktionsbereiche werden ausgelagert, weil man sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren will 1. Die Just-In-Time-Lieferung ist ja schon allgemein bekannt. Waren werden zeitlich so knapp angeliefert, daß sie gleich weiterverarbeitet werden können. Die Autobahnen wurden so zum rollenden Lager. Daß es dabei leicht Probleme geben kann, wenn es zum Beispiel durch einen Stau Verzögerungen kommt, ist schnell zu erkennen. Deswegen wurden Produktionsanlagen zu Zulieferern direkt neben das Hauptwerk gebaut. Oft sind diese sogar mit Förderbändern verbunden. Ein Außenstehender würde nicht ohne Weiteres erkennen, daß hier verschiedene selbstständige Unternehmen angesiedelt sind.

Solche Zusammenarbeit erhöht die Abhängigkeit auf beiden Seiten ungemein. Natürlich haben die Unternehmen langfristige Verträge miteinander, aber wenn es zu einem Streit kommt, steht erst einmal die Produktion. Es ist ja nicht so daß es bei einem Streit immer nur einen Schuldigen gibt, oft fühlen sich beide Parteien im Recht. Doch welche Seite tatsächlich Recht hat, kann meist erst Jahre später durch Gerichte entschieden werden.

Vielleicht sollte Produktionsabläufe wieder überdenken. Lagerbestände sind nicht totes Kapital, sie bilden eine Reserve. Abhängigkeiten von Dritten sind zu vermeiden. Bauteile die ganz speziell sind, sollte man selbst fertigen. Standardteile, die von mehreren Herstellern beziehbar sind, kann man ruhig zukaufen.


Fußnoten:

1 Wobei es ja die Hauptbeschäftigung von Vorstandsvorsitzenden, neben Einführung von neuen Logos und Markennamen, ist, eine neue Strategie zu durchzusetzen. Mal will man sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren, ein anderes Mal will man sich wieder breiter aufstellen. Was wäre ein Konzern, ohne ständige Umstrukturierung?